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den Verkauf von Getreide eine bessere Ordnung zu bringen und den Preis für dasselbe zu regeln, wurde auf Anregung des landwirthschaftlichen Bezirksvereins im Jahr 1880 von der Stadt Künzelsau eine Getreidebörse errichtet. Alle 14 Tage, je am Freitag, an welchem Tage auch der Schweinmarkt abgehalten wird, ist ein Lokal offen für Käufer und Verkäufer von Getreide, Hülsenfrüchten, Kleesamen, Reps. Die Verkäufer bringen Muster von ihrer verkäuflichen Waare, in eigens dazu angeschafften irdenen Geschirren werden diese Muster im Börsenlokal ausgestellt, die Käufer sehen sich diese Muster an, der Preis, das Quantum, der Tag der Lieferung, die Art des Lieferns wird ausgemacht, der Eintrag in ein Register von einer hiezu aufgestellten Person besorgt, das Muster wegen etwaiger Streitigkeiten im Lokal aufbewahrt und die ganze Börsenthätigkeit von einem gewählten Vorstand überwacht und geleitet. Auslagen hat die Stadt Künzelsau bei der Einrichtung nur unbedeutende gehabt, bei der Fortführung hat sie gar keine. Der Landwirth weiß jetzt immer, wo er seine Frucht verkaufen kann und was der laufende Preis ist. Wenn auch diese Getreidebörse den Händlern und den Bäckern nicht sehr willkommen war, dem Landwirth ist sie angenehm, er kann weniger hintergangen werden. Wie wohlthätig eine solche Einrichtung ist, zeigt sich darin, daß außer dem auf der Börse verzeichneten Quantum nach den Börsenstunden, die von 10–12 Uhr Vormittags dauern, noch viel auf Grund der festgestellten Preise verkauft wird.

Die Verwerthung der Milch geschieht in der Butter, die auf den Wochenmarkt in Künzelsau gebracht oder von Händlern in den Häusern aufgekauft wird. Die Butter wird durchaus von saurem Rahm gewonnen und es stellt sich der Preis von 1 kg von 1,20 M. bis 2,20 M. Käsereien gibt es nicht.

Eigen ist es für den Bezirk, daß Kauf und Verkauf so häufig durch die Vermittlung von Händlern ausgeführt wird; es gilt dies insbesondere vom Güter-, Frucht- und Viehhandel.

3. Werfen wir einen Blick auf die Arbeitskräfte, so haben die Thalorte fast ohne Ausnahme Überfluß an Arbeitern; die kleineren Güter im Thal und auf der Höhe versehen im Sommer sämmtliche Arbeit durch eigene Leute, durch ständige Dienstboten; die größeren Höfe und Pachtgüter, wie auch Gutsherrschaften bekommen Arbeiter genug aus den Nachbarorten. Die Arbeiter im Thal wenden sich diesen größeren Gütern zu, wie Kocherstetten auf die Pachtgüter Schloßstetten, Buchenbach

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Julius Hartmann und Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Künzelsau. Kohlhammer, Stuttgart 1883, Seite 172. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Beschreibung_des_Oberamts_Kuenzelsau_I_172.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)