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Der Absatz des Weines ist durch den Mangel einer Eisenbahn erschwert, weil alles Verkaufte, das aus dem Bezirk hinauskommt, 20 und mehr Kilometer weit bis zur nächsten Eisenbahnstation geführt werden muß.

Der Ertrag wird weniger nach der Morgenzahl als nach der Zahl der Stöcke geschätzt. Auf die Frage: „Wie viel haben Sie Weinberge und was beträgt ihr Meßgehalt?“ bekommt man zur Antwort: „Ich habe so und soviel Stöcke, also z. B. 5000 oder 8000 Stöcke“. Die Zahl der Stöcke beträgt in guten Lagen etwa 4000 auf den Morgen, 1 Stock hat dann 91/2 Quadratfuß oder beinahe 80 Quadratdezimeter, oder es kommen auf 4 Quadratmeter 5 Weinstöcke; in geringeren Lagen kommen auf den Morgen weniger Stöcke, und es kann herabgehen bis auf 2000 Stöcke. Der Ertrag ist auf einem Morgen in geringen Jahren, wie z. B. 1880, nur 1/2 Eimer oder 11/2 Hektoliter bis 2 Eimer oder 6 Hektoliter; in guten Jahren, wie 1868, steigt der Ertrag auf 8–10 Eimer oder 24–30 Hektoliter.

Der Preis des Weins ist in den einzelnen Jahrgängen sehr verschieden; so kostete in dem schlechten Weinjahr 1873 der Eimer 84 fl. oder 144 M., während er in den besseren Weinjahren 1874 und 1875 nicht so hoch kam.

Der Preis von 1 Morgen Weinberg in den besseren Lagen des Kocherthales, wie in Ingelfingen kann 2000 M. und noch über 2000 M. betragen, in den geringeren Lagen der Seitenthäler ist der Morgen Weinberg schon zu 100 M. verkauft worden.


     Der Obstbau

ist über den ganzen Bezirk verbreitet, wir finden Obstbäume in den Thälern, an den Thalabhängen, auf der Höhe.

In den Thälern blühen die Bäume früher als auf der Höhe, weil das Klima milder ist, allein die Frühjahrsfröste, welche bekanntlich in den Thälern am stärksten sind, schaden um so mehr.

Der Weinbau geht zurück, die Obstbaumpflege ist im Zunehmen begriffen, wenn auch eine Menge von Mängeln noch deutlich sichtbar ist. Einen harten Stoß hat den Obstbäumen der kalte Winter 1879/80 gegeben, indem gerade im Bezirk Künzelsau eine verhältnismäßig große Menge zu Grunde gieng. Die Zahl der erfrorenen Bäume übersteigt die im Sommer 1880 angegebene Zahl, indem im Frühjahr 1881 sich noch mancher

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Julius Hartmann und Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Künzelsau. Kohlhammer, Stuttgart 1883, Seite 168. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Beschreibung_des_Oberamts_Kuenzelsau_I_168.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)