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Kopftuch, vielleicht auch ein Kleid, bei Knechten Hemden, Wolle, Schürze, Leder zum Schuhflicken ausbedungen; die austretenden erhalten den sog. „Wenzellaib“ 8–10 Pfd. schwer. „An Lichtmeß regnets“, weil die Dienstboten mit ihren Thränen das Wetter aufweichen. Gesungen wird:

Heunt isch der schene Lichtmeßtag,
Heunt bin i munter und frisch:
Do pack ich meine Klâder zamm
Und setz me na da Tîsch.
Ei, Bauer, bringt das Geld herein,
Ei, Bäurin, zahlt me aus.
Ihr hebt mer oft a Suppa kocht,
Hat mi net heftig gfrait,
Ihr hebt mer oft an Erbet gsogt,
Het selber ghot der Weil.

Die neuen Dienstboten „stehen“ am Dienstag und Freitag „an“, die Mägde unter Gesang, die Knechte unter Peitschenknall, geleitet von ihren Gespielen. Die Neueintretenden mit ihren Begleitern werden bewirthet. Dienstboten sollen beim Eintritt ins neue Haus dreimal rückwärts sehen, damit es ihnen nicht „ahnd“ thut und sie „g’wohnen“ können. Jeder bringt seinen B’hälter, d. h. Kleiderschrank mit, der vom Dienstherrn (zweispännig) abgeholt wird.

Unter den Dienstboten des Bauern herrscht strenge Rang- und Geschäftsordnung. Allen voran in der Arbeit, aber auch in der gemeinsamen Schüssel geht der „Groß“ (Pferdeknecht), dann der „Mittel“ (Ochsenknecht), endlich der Klan, der Handlanger für jene beide, wie für die Herrin im Kuhstall, die Großmagd. Die „Kleine“ besorgt den Schweinstall, bringt Holz und Wasser zur Küche, wo sie die Bäurin unterstützt. Die Dienstboten reden von einander: ma Großer, ma Klaner.

Fastnacht. Die „Fastenzeit“ = Passionszeit ist im Sprachgebrauch der Protestanten tief eingewurzelt. Der Konfirmandenunterricht, der früher mit Fastnacht begann, hieß die Fastenkirche. Fastenbretzeln gibt es an manchen Orten als Stiftung.

In manchen katholischen Orten ist am Fastnachtmontag Tanz ohne Vermummung. Am Dienstag geht der Fastnachtsbutz, ein Mann in Frauenkleidern, den Korb am Arm, mit 4–5 Ledigen durchs Dorf. Für den Durst unterwegs geht die gefüllte Flasche mit. Sie begehren in den Häusern Eier und einen Trunk. Ist die Bettelrunde vollendet, so wird im Wirthshaus aus den ersammelten Eiern ein Kuchen gebacken und gemeinsam verzehrt. Überall gibts „Fåschetküchlich". Das Schmalz, aus dem sie gebacken sind, wird aufbewahrt, um den Erntewagen zu schmieren, dann kommen keine Mäuse ins Korn.

An Mittfasten trägt man den Butzen, eine mit Kleidern (in Mulfingen auch mit Bretzeln) behangene Strohpuppe durchs Dorf. In Ailringen wird ein Knabe mit Stroh, besonders Erbsenstroh, umbunden und durchs Dorf geführt. Vor jedem Haus ertönt: Eier raus, der Butz ist haus. Die gesammelten Eier werden vertheilt, der Butz erhält in Ailringen 6 Eier voraus. Die Strohpuppe, mit hölzernen Säbeln übel zugerichtet, wird ins Wasser geworfen. Dieser früher allgemeine

Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann und Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Künzelsau. Kohlhammer, Stuttgart 1883, Seite 121. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Beschreibung_des_Oberamts_Kuenzelsau_I_121.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)