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des mittleren und höheren Alters an der Zahl der jährlich Gestorbenen. Das Alter zwischen 2 und 70 (incl.) Jahren ist daran mit 48,5% betheiligt und die Altersextreme nehmen von der Gesammtsterblichkeit nur 51,1% weg, gewiß ein respektabler Beweis für die Salubrität des Oberamts, denn es ist klar, je mehr Todesfälle in das spätere Alter statt in die Kindesjahre fallen, um so besser müssen die Gesundheitsverhältnisse sein. Der Landesdurchschnitt für die von Cleß berechnete Zeit war 59% Altersextreme und 41% mittleres Alter. Zum Überfluß sei noch erwähnt, daß unter den von 1871/78 (welcher Zeitraum für die weiteren Ausführungen gewählt wurde) über 70 Jahr alt Gestorbenen 222 Achtziger und 10 Neunziger waren, sowie daß im Jahr 1850 in Ochsenthal ein Veterane 103 Jahre alt geworden ist.

Durch die Höhe der Kindersterblichkeit zeichneten sich die Jahre 1873, 75 und 76 aus, und während die Sterblichkeit des mittleren Alters durch sämmtliche Jahrgänge ziemlich gleichmäßig war, zeigt die des höheren Alters in den einzelnen Jahren stärkere Schwankungen.

Es fragt sich nun: rührt der durch die bisherige Berechnung konstatirte Überschuß der Geburten über die Todesfälle von der Zunahme der Geburten oder von niederer Sterblichkeit oder von beiden zugleich her? Für gewöhnlich übersteigt die Zahl der jährlichen Geburten diejenige der Sterbenden und steht Produktivität und Sterblichkeit in geradem Verhältnis zu einander, mit der ersteren steigt auch die letztere.[1] Es kann aber, da beide Faktoren von zufälligen und wechselnden Einflüssen bestimmt werden, auch anders sein. So fand sich bei uns in allen Jahrgängen irgendwo ein Überschuß der Gestorbenen über die Gebornen und zwar:

1871
in 07 Gemeinden durch hohe Sterblichkeit, in 2 durch niedere Nativität,
1872
02 3
1873
05 4
1874
02 2
1875
10 2
1876
02
1877
02 1
1878
01 5

Wegen dieser Beweglichkeit entbehrt die auf die Einwohnerzahl gegründete Berechnung der Sterbziffer der nöthigen Sicherheit und ist es angezeigt, diese Sterbziffer noch an einem andern stabileren Prinzip, d. h. an der auf die Nativitätsgröße gegründeten[2] Schweig’schen Sterblichkeitsskala zu prüfen, wie es Elben für die Sterblichkeit des Landes gethan hat. Letzterer[3] fand die Geburtsziffer des Landes = 4,1%, die Sterbeziffer = 3,1%. Nach Schweig entspricht jener Geburtsziffer die theoretische Sterbziffer 3,0. Es stirbt also in Württemberg von 1000 nur 1 zu viel und ist dieser Überschuß durch den Antheil des ersten Lebensjahrs bedingt.

Im Oberamt Künzelsau starben in den Jahren 1859/75 2‰ zu viel.[4] Nach unsrer Berechnung beträgt die Geburtsziffer 4,1%,

  1. Württ. med. Korr.-Blatt Bd. 26 S. 178, 179, 180. Bd. 31 S. 346. Württ. Jahrbücher 1878 I S. 50.
  2. Beiträge zur Medizinalstatistik 1875 u. 1876.
  3. „Zur Mortalitätsstatistik Württembergs.“ Württ. Jahrbücher 1877.
  4. „Zur Mortalitätsstatistik Württembergs.“ Württ. Jahrbücher 1877 Tabelle 7 und Anmerkung 2 S. 79 daselbst.
Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann und Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Künzelsau. Kohlhammer, Stuttgart 1883, Seite 111. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Beschreibung_des_Oberamts_Kuenzelsau_I_111.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)