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ausgedehnten Burg und seiner theilweise noch romanischen Kirche, dort das einst verkehrsreiche, jetzt vereinsamte Döttingen mit seiner langen Pappelreihe am Bach und seinem gelben ehemals fürstl. hohenlohischen Schloß, weiterhin das kleine Steinkirchen, gruppirt um seine Dorflinde, geschirmt von Kirche, Pfarre und Schule auf niedrigem Hügel. Bei Weilersbach an der Mündung des alten Hirschbachs blickt das Schlößchen Thierberg freundlich ins Thal herab.

Bei Kocherstetten, dem zwei mündende Waldbächlein Raum schaffen, weitet sich das Thal, die Thalgehänge am rechten Ufer sind dem milden Sonnenschein günstiger zugekehrt, der Weinbau wird reicher und lohnender. Ehe der Fluß seine plötzliche Wendung macht, bietet sich noch ein überraschender Blick auf die breite Front der alten Burg Stetten auf nahezu unersteiglicher Höhe. Die Straße tritt aufs linke Ufer, tief unten rauscht der fleißige, Mühlen treibende Fluß und an ihm in lieblicher Aue die Büchenmühle, mit Recht in alter Zeit die Buchenau genannt. Am Waldessaum, Tuffsteinfelsen und der kalten gespensterreichen Etzlinsweilerklinge vorbei führt der Weg über das weinreiche Morsbach mit seinem festen Kirchthurm und zur Erinnerung an die rasch entschwindende Zeit der ehemals zahlreichen fürstlichen Hofräthe über die Hofrathsmühle in eine von raschen Waldbächen, dem Künzbach und Gaisbach geschaffene Thalbucht. Ragende Fabrikkamine, die einzigen im Bezirk, die zahlreichen Thürme und Thürmchen kündigen die gewerbreiche Bezirksstadt Künzelsau an. Auf dem nördlichen Kocherufer in weitem Bogen Rebengelände, beherrscht auf dem äußersten Rand der Höhe vom Schlößchen Garnberg und der langen Häuserreihe des gleichnamigen Dorfes, thalabwärts wie ein Eulennest am Felsen hangend Dorf und Schloß Nagelsberg, einst der Sitz eines alten Geschlechts und dann mainzischer Amtleute, jetzt die reichbesetzte Herberge von Israeliten, auf dem südlichen Ufer waldige Thalschluchten, nach Osten das Wahrzeichen trotzigen Bürgermuths, der Wartthurm, nach Westen unterhalb der grünen Aue ein vom Fluß geschaffenes gewaltiges Kleb und rings um die Stadt schön angelegte Gärten – das alles zusammen verleiht der Lage von Künzelsau einen wirklichen Reiz. Folgen wir von Künzelsau dem Fluße auf dem rechten Ufer, so stehen wir bald unter der von kümmerlicher Vegetation bewachsenen Felswand, auf deren äußerstem Rand Schloß Nagelsberg sitzt; Fluß und Fels lassen nur der Straße und einer Mühle Raum; wir

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Julius Hartmann und Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Künzelsau. Kohlhammer, Stuttgart 1883, Seite 063. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Beschreibung_des_Oberamts_Kuenzelsau_I_063.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)