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weites Dorment ein herrlicher Tummelplatz ist für die fröhliche Jugend. Die hohen lichten Räume sind wie geschaffen für eine Erziehungsanstalt.

Das frühere Konventsgebäude war sehr bescheiden, die einzelnen Zellen und Gelasse hatten nur Bretterwände. Dunzenhofer und Ströhlein bauten nun in 3 Jahren den größten Theil des neuen Konventsgebäudes. Von der alten Kirche blieb nur die in frühgothischem Stil erbaute Südostecke mit Strebepfeilern und einer schönen Wendeltreppe, an deren Spindel sich verschiedene Steinmetzzeichen sowie ein Schild mit den Namenszügen J. K. und darunter eine Axt, sowie die Jahrzahlen 1548 und 1568 finden. Abt Benedikt ließ sich auch hier die Gelegenheit nicht entgehen, über jeder Thüre von Zellen und Räumen seine Verse anzubringen, z. B. an einem Abort:

Viscera latrinae legat turpique fodinae
Impius Arius; tam fuit ille pius.

Über einem andern:

Nunc stas ante laves Culiani; comprime naves:
Si natura tamen monet, ipsi ferto levamen.

Auf die Ostwand des Gebäudes ließ er eine Sonnenuhr setzen mit der Inschrift: Mane horas praesto, post prandia cesso, quiesco und dem Chronostichon: InChoabar seCVnDo SepteMbrIs.

Vor dem Konventsgebäude liegt nach Osten der schöne große Konventsgarten, von einer Ringmauer eingeschlossen. Außerhalb des äußern Klosterthors befindet sich der große, von einer Mauer umgebene Abteigarten. Rechts vom Eingang ein sandsteinerner Bildstock mit einer Pieta, der Jahreszahl 1623 und F. T. A. (Fecit Theobaldus Abbas); zu Seiten die Wappen von Abt Fuchs und Cisterz. Am Eingang selbst ein Eisentäfelchen mit A. A. 1769. Östlich vom Abteigarten der neue Offiziantenbau, der 1700 von Abt Benedikt erbaut wurde, in einer Länge von 362′ und einer Breite von 30′. An der an der Südseite angebrachten Sonnenuhr steht die Jahreszahl MDCC. Unten ist der große Klosterkeller, den Abt Benedikt Knüttel mit 45 Fässern nach der Zahl der Klosterbrüder belegen ließ. Jedes Faß trägt den Namen eines Klosterbruders und einen vom Abt gedichteten Vers (s. Kröll S. 131 ff.). Hier zwei Proben davon:

Wie der Mann, so ist die Aich,
Keiner ist dem andern gleich.

Wann der Beytel hat ein Loch,
Nichts zu schmelzen hat der Koch,
Wann das Licht hört auf zu brinnen,
Und das Faß nicht mehr will rinnen,
Wann der Zapf steckt auf den Hut,
Dieße Zeichen seind nit gut.
Pro! quantum est in rebus inane.

Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann und Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Künzelsau. Kohlhammer, Stuttgart 1883, Seite 790. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Beschreibung_des_Oberamts_Kuenzelsau_II_790.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)