Seite:Beschreibung des Oberamts Kuenzelsau II 784.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

die Thürme noch höher und ansehnlicher ausführte, als ursprünglich geplant war. Der Rohbau wurde bis zum Dach noch 1708 aufgeführt, und 1710 die Kirche mit einem rothangestrichenen Sturzdach gedeckt. Die Statuen an der Kirche fertigten die Bildhauer Balth. Knittel und Jakob Sommer von Künzelsau. Im Jahr 1724 wurde die Kuppel aufgesetzt. Als Freskomaler arbeitete der Italiener L. Ant. Columba im Chor und in der Kuppel, die Stuckatur im Kreuz und Chor stammt von Johann Bauer. 1727 errichtete Will aus Würzburg die große Orgel mit 20 Registern, dieselbe wurde 1802 abgebrochen und nach Stuttgart geliefert, wo sie bis 1817 liegen blieb, um dann in die bischöfliche Kirche in Rottenburg versetzt zu werden (Kröll S. 112). Das riesige Eisengitter, welches das Querschiff vom Langhaus trennt und 8536 Pfd. wiegt (14′ hoch), wurde von Schlosser Bernhold von Rothenburg a. d. T. geliefert. Im Jahr 1727 war der ganze Bau vollendet und der obere Chor sammt dem Presbyterium und den Nebenkapellen von Abt Benedikt eingeweiht, nachdem er noch 1726 auf die Kirche das aus Kupfer getriebene und vergoldete Marienbild (von 8′ Höhe, 11/2 Ctr. schwer) hatte setzen lassen. Am Heiligenschein der Maria steht: Dieses Bild macht Christof Hennick und Johann Breinniger, beite Goldschmiete in Cinselsau. 1726.

Unmittelbar an die Südseite der Kirche stößt das neue große Klostergebäude, welches mit derselben durch den Kreuzgang in Verbindung steht.

Die großartige Schauseite der Abtei zeigt drei Fensterreihen zwischen riesenhaften toskanischen Pilastern, darüber das stattliche Hauptgesims, auf den Flanken noch je ein Zwergstock mit jonischen, über der Mitte ein hoher geschweifter Giebel mit korinthischen Pilastern. An den Fenstern des ersten und zweiten Stocks sieht man Konsolen oder Engelchen, an denen des dritten Stocks Konsolen oder Masken. Das Ganze ein Quaderbau von guter und bedeutender Wirkung. Im Winkel gegen den östlich vom Klostergebäude gelegenen Konventsgarten liest man auf einem Stein:

Neunthalb Schuh von hier hinund
Ligt der erste Stein im Grund
Acht Tag nach Mariä Geburt
Selber eingeweihet wurd

a Me F. BeneDICto, Abbate SChönth.; also am 15. September 1701.

Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann und Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Künzelsau. Kohlhammer, Stuttgart 1883, Seite 784. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Beschreibung_des_Oberamts_Kuenzelsau_II_784.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)