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Die Einwohner sind im Allgemeinen gesund und mittelkräftig gebaut, epidemische Krankheiten selten, die Sterblichkeit gering. Ein Einwohner ist über 80 Jahre alt.

Die Ortseinwohner sind theils Handwerker, theils Kleinbauern, während auf den Filialien ein solider Bauernstand sitzt. Die Bevölkerung des Mutterorts hob sich in den letzten 20 Jahren bedeutend.

Von der alten Tracht hat sich nur noch die lange Bändelhaube erhalten. Volksbelustigungen gibt es nicht. Am Tanze vergnügt sich die Jugend meist in dem nahen Bartenstein.

Die Haupterwerbsmittel sind im Mutterort beschränkter Ackerbau, Gewerbe und ein wenig Weinbau, letzteres auch in Ganertshausen, auf den Filialien ausgedehnter Feldbau und starke Viehzucht. Die Einwohner des Mutterorts sind weniger begütert, früher arm. Jetzt sind die Vermögensverhältnisse geordnet, dagegen ist der Wohlstand und Güterbesitz in den Parzellen, besonders in Hirschbronn, Mäusberg und Wittmersklingen bedeutend. Es wiederholt sich die durch ganz Franken verbreitete Erscheinung, daß die Hochebene den Wohlstand der starken Bauern, das Thal die beschränkteren Verhältnisse der „kleinen Leute“ vertritt, die mit ihrem Güterbesitz auf die Bergabhänge angewiesen sind. „Mer hebben ebbe a en Bärich“ ist die gewöhnliche Bezeichnung des Grundbesitzes der kleinen Leute im Thal.

Der Besitz des vermöglichsten Einwohners der Gesammtgemeinde beträgt 100 Morgen Feld, 20 Morgen Wald, der des Mittelmanns 20 Morgen Feld; die geringe Klasse besitzt 2–3 Morgen Berg.

An der Ette befinden sich 4 Mühlen mit je 3 Mahlgängen und einem Gerbgang, von denen eine mit einer Sägmühle verbunden ist, nemlich die Hagen-, die Mittel-, die Schloß-, die Walkmühle (jetzt auch Mahlmühle, früher Tuchwalke). Von Gewerben sind besonders Schreiner, Schuster, Schneider und sehr zahlreich Maurer vorhanden, welche letztere viel auswärts arbeiten.

Eine Schildwirthschaft und ein Krämerladen befinden sich im Orte.

Auf der wohlabgerundeten, mittelgroßen Markung herrscht schwerer Boden vor, derselbe ist durchgängig steinig, nicht sehr tiefgründig, aber doch im Allgemeinen fruchtbar. Das Klima ist im Ettethal mild, die Sommertage sehr heiß, die Hochebene ist rauher.

Der Gemüsebau ist aufs Haus beschränkt.

Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann und Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Künzelsau. Kohlhammer, Stuttgart 1883, Seite 537. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Beschreibung_des_Oberamts_Kuenzelsau_II_537.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)