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No 42. Den 23. November 1838.

Beethoven’s neunte Symphonie.
(Schluß.)

Indem gleich das Scherzo wieder kurz mit den Worten abgefertigt wird, daß es Mangel an mannigfaltiger Erfindung leide, möchte ich Sie bitten, nur einmal zu sagen, wie weitläufig denn das Thema sein müsse, das Ihnen passend zu einem Scherzo erscheine? Ich meine, der Name und der ganze Zuschnitt dieser Form bedinge in sich selbst die abgeschlossenste Kürze und den entschieden ausgeprägten Charakter des heitern, neckischen, der jede Beimischung von contrastirenden Empfindungen in diesen engen Gränzen zu einem hors d’oeuvre machen würde. So weit es aber selbst hier passend erscheint, Abwechslung eintreten zu lassen ohne den Grundton zu verwischen, so weit ist, denke ich, auch hier das Trio wohl geeignet, allen Anforderungen zu genügen. Dies Trio mit seiner reizenden, naiven Behandlung der beiden Ideen in Horn, Violinen und Oboen, mit der zarten flüchtigen Wendung nach F-Dur (S. 69) mit jenem pompösen forte und diminuendo der Posaunen (am Schluß der 71. Seite) – das alles erscheint Ihnen nur einförmig. –

Nun aber gelange ich an die Stelle, wo Sie den allerbesten Sprung gemacht und durch Ihr sicher treffendes Urtheil uns wirklich beschämt haben, daß wir so innige Verehrung einem Satze schenken konnten, von dessen Erbärmlichkeit Sie mit kühner Hand den Schleier hinwegziehen. Die Art, in welcher Sie das Adagio kurz zergliedern, gränzt wirklich an das Unglaubliche! Das Hauptthema ist: „einfach, nicht gerade bedeutsam“,[/] das zweite Thema „gleichfalls nicht sehr interessant“, und so geht es im Galopp zu Ende. Und damit ist jener Satz gemeint, vor dem wir alle voll heiliger, stummer Rührung gehorcht haben, in welchem jene sanften Echo der Blasinstrumente die tiefsten Regungen der Seele erweckten? Und jene Episode in Es-Dur (S. 83), wo das Horn den unterirdisch düsteren Baß bildet, ist hier nicht das Thema das zuerst wehmüthig weich erscheint, erschütternd groß und ernst? Ist hier auch kein Contrast von Empfindungen den beiden Hauptideen entnommen? Beinahe widert es mich an, so vielem dreisten Tadel noch ferner entgegenzutreten. Und doch wird vielleicht ein Abwehren gegen Ihre Urtheile Sie zu der Herablassung bringen, uns zu sagen wie denn die Grundformen eines solchen Werkes Ihren Ansichten gemäß beschaffen sein müssen. –

Bei dem Urtheile über das Finale entschlüpft Ihnen zum höchsten Erstauen ein kleines Lob über die Anordnung dieses Satzes. Aber freilich ist doch auch hier Vieles sehr tadelnswerth. Der Satz (Seite 101), worin das Quartett nur mit 1 Fagott das Thema immer piano zuerst einstimmig, dann immer reicher behandelt, hätte in seiner zarten, sanft feierlichen Wirkung doch wenigstens einige Anmerkungen verdient. Sie gehen darüber hinweg, als gelte es nicht der geistreichen Beurtheilung der letzten Beethoven’schen Symphonie, sondern der buchhändlerischen Anzeige eines Addreßbuches. Die Zwischensätze sind natürlich wieder „trocken“. Dagegen erfreut das Urtheil, daß „die Melodie bis Seite 125 gut durchgeführt ist“. Wie das wohl thut, so etwas aus Ihrem