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Barmherzigkeit die Geflüchteten in seine Wohnung, und räumte ihnen eine Stube ein. –

Frau Elise Jonas war 22 Jahre alt und blühte noch in voller Schönheit, welche denn auch verursachte, daß der barmherzige Vetter, welcher schon eine Frau zu Tode gequält hatte, eine zärtliche Neigung zu ihr faßte, welche er durch eine überaus große Freundlichkeit an den Tag legte, und dem jungen Weibchen nicht undeutlich merken ließ, was er im Schilde führte. Meister Jonas war ihm ein Dorn im Auge, dieser sah sich gezwungen, bey andern Meistern um Lohn zu arbeiten, und kam blos Mittags und Abends nach Hause. Wenn er nun da war, so schnitt Vetter Jost, seines Handwerks eine Leinweber, grimmige Gesichter, brummte über dieß und jenes, und schmiß die Thüre zu, daß es krachte. Frau Eliese durchschaute ihn bald, verschwieg es aber ihrem Manne, um ihn nicht zu bekümmern. Tag für Tag, wenn Jonas abwesend war, marterte der Vetter das treue Weib mit zudringlichen unverschämten Reden, und wenn sie drohte, es ihrem Manne zu entdecken,

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Ludwig Bechstein: Thüringische Volksmährchen. Carl Fleck und Comp., Sondershausen 1823, Seite 123. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bechstein_Th%C3%BCringische_Volksm%C3%A4hrchen_1823.pdf/125&oldid=- (Version vom 31.7.2018)