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als es Nacht geworden war, rings um Wachen, und begab sich mit schwerem Herzen in sein Zelt, wo er in stiller Einsamkeit Gott um Schutz anflehte und um seine allmächtige Hülfe, daß er des Blutes seiner ungetreuen Unterthanen nicht zu viel vergießen müsse.

Die Kerzen waren tief herabgebrannt, Ludwig saß noch immer, den Kopf in die Hand gesenkt, auf dem Feldbette, und der wohlthätige Schlaf schien ihn zu fliehen.

Draußen rauschte der Herbstwind in den entlaubten Zweigen der Bäume, und führte das dürre Laub in die Gräben, und aus dem nahen Wald scholl von Zeit zu Zeit das dumpfe Gebrüll der Hirsche durch den pfeifenden Wind herüber. Tief in den Mantel eingehüllt, stand der wachhabende Lanzenknecht vor des Landgrafen Zelt; der Octoberwind durchrieselte fröstelnd seine Gebeine, und schloß die Augen des Ermüdeten. Auch auf Ludwigs Augenlieder senkte sich jetzt der Schlummer, aber nicht erquickend und wohlthätig, sondern unruhig und erschreckend. Verworrene Traumbilder tanzten

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Ludwig Bechstein: Thüringische Volksmährchen. Carl Fleck und Comp., Sondershausen 1823, Seite 107. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bechstein_Th%C3%BCringische_Volksm%C3%A4hrchen_1823.pdf/109&oldid=- (Version vom 31.7.2018)