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Die thierische Natur verlangte das schon den ganzen Tag über Versagte, und des zweyjährigen Kleinen natürliche Aeußerung: Vater, nun hast Du wohl keine Bemme mehr; füllte die Augen mit Thränen.

Alle meine Nachbarn, alle Dorfbewohner hatten mehr oder weniger das nehmliche Schicksal mit mir getheilet; in einer entfernten Mühle erhielt ich noch auf mein dringendstes Ansuchen ein Brod, und speiste damit meine hungrigen Kinder.

Das Geläute aller Glocken, blind abgefeuerte Kanonen verkündigten die Ankunft Napoleons und seines Stiefsohnes, des Vicekönigs von Italien. Die interimistische Brücke war wieder abgeworfen, und der Fluß trennte abermals in Feindseligkeit das Freundselige. Um das Nothdürftige herbeyzuschaffen, ging ich nach Dresden; lauter Jubel empfing mich bey meiner Wiederkehr; das Haus war voll von Einquartirung. – Ach des Kreuzes schwere Last lag nun doppelt schwer und drückend auf uns. – Nicht Lavaters schon vergessene Physionomik, nicht Galls Schädellehre durfte die Spitzbubenseele bezeichnen; sie sprach sich selbst aus, und das einäugige Antlitz des Nachzüglers wird mir immer und ewig merkwürdig seyn und bleiben. Scheulos waren auf einer langen Tafel die heiligen Opfergewande und Altarbekleidungen zum öffentlichen Verkauf ausgestellet. Festlich dickgefaltene Weiberröcke, die reichen Gold und Rauchwerk gehaltvollen Mützen, mit denen jetzt

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Carl Baumann: Kriegs- und Familienscenen 1813. , Dresden 1815, Seite 37. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Baumann_Kriegs-_und_Familienscenen_1813.pdf/43&oldid=- (Version vom 12.9.2022)