Seite:Baumann Kriegs- und Familienscenen 1813.pdf/162

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Der Christabend.

Der äußere Sturm hatte sich geleget, eine fürchterliche Stille und Ruhe war eingetreten, aber beyder Uebermaaß verband keine tröstende Beruhigung. Den Unterirdischen hatte ich mich schon längst geweyhet: doch das Vaterherz, die Liebkosungen meiner Unschuldigen, ihr nicht laut gesagter Vorwurf, der in ihren Blicken das Herz erschütterte; Vater! was haben wir verbrochen? ist die Blüthe, sind die Freuden unserer Kindheit nicht schon zerknicket, willst auch du uns verlassen? dieses gab dem halb erstorbenen Geiste neues Leben und neue Kraft. - So widmete ich mich den Göttern, allem und jeden Lebensglück für mich jetzt und in der Zukunft entsagend, wollte ich nur mein Daseyn den Kindern opfern. - Der Christabend erschien: keine Kerzen erleuchteten das einst so glückliche Zimmer und kein Strahl der Freude das so finstere Gemüth. Aber das Herz erzitterte, als es verneinend die billigen gewohnten Forderungen der unverständigen Kleinsten von sich weißen mußte! -

Meine Kinder! frühzeitig habet ihr den Weg der Erfahrung, der Entbehrung und des Unglücks mit mir durchwandeln müssen. Heilsam für euer ganzes Lebensalter mögen diese Lehren seyn! Die spätern Lebenstage mögen euch beglücken; sie werden und müssen es, wenn Rechtschaffenheit, Fleiß, Liebe und Treue ihre Begleiter sind. Dieser Wunsch genüge euch zum Angebinde. -

Empfohlene Zitierweise:
Carl Baumann: Kriegs- und Familienscenen 1813. , Dresden 1815, Seite 156. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Baumann_Kriegs-_und_Familienscenen_1813.pdf/162&oldid=- (Version vom 10.9.2022)