Seite:Baumann Kriegs- und Familienscenen 1813.pdf/135

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

und Eingeweide zu sehen. Gouvion St. Cyr! Deine schon besagte Menschlichkeit rühme ich noch heute. War es Mangel an Fütterung, oder erheischte es deine eigne Rechtfertigung? Genug, des Landmanns in die Stadt geflüchteten Rinder, die man leicht auf 6000 berechnen konnte, wurden verschonet, aber manche Kracke, manches edle Roß tagtäglich niedergestoßen. Heil Dir!

Kehre ich zur Beschreibung der großen Pestgrube der Lazarethe zurück, so entsetze sich da die Menschheit. In einer weiten Schlotte werden die Cadaver herab und auf den Wagen geworfen, schlicht weiße, nackend aufgethürmt, Köpfe, Arme und Beine baumeln herunter, und der hungrige Bürger gehet gleichgültig vorbey, um im untern Geschosse sein Fleisch sich einzukaufen. Welch heterogene Erscheinung! unten verkaufte man noch alle mögliche Fleischarten, während im ersten und zweyten Stocke Viele verhungern, denen man auch nur einige kräftige Brühen versaget. -[1] Begleitet den Wagen

Empfohlene Zitierweise:
Carl Baumann: Kriegs- und Familienscenen 1813. , Dresden 1815, Seite 129. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Baumann_Kriegs-_und_Familienscenen_1813.pdf/135&oldid=- (Version vom 11.9.2022)
  1. Wie viel Napoleon auf seine Soldaten hielt, beweißt folgende Anekdote, so wie auch, daß er seinen Bataillons die Wagen, die zu Arzneymitteln, Bandagen, Charpie und dergl. bestimmt waren, wegnahm, und ihnen bloß ein Packpferd bewilligte. Nähere Auskunft giebt die in der Arnoldischen Buchhandlung herausgekommene Schrift: „Napoleon in Dresden und dessen Gespräch mit dem Minister Darü.“ Die erwähnte Anekdote ist diese: Napoleon besuchte seine Lazarethe, und fragte nach allen möglichen, seyn sollenden Besorgungen. Die Inspectores, die Ober- und Unterübelaufseher versicherten, daß alles in sehr gutem Stande sey, an nichts wäre Mangel, nur an Charpie fehlete es. Wie? sprach entrüstet Napoleon, habe ich nicht so viel tausend Franken dazu hergegeben? - wo ist der Intendant? Zitternd kam dieser, und empfing die härtesten Schmähworte, der schweren Untersuchung nun gewärtig. - „Sie werden nicht gehenket, flüsterte ein Begleiter Napoleons ihm zu, denn er hat nicht einen Denar hergegeben.“