Seite:Baumann Kriegs- und Familienscenen 1813.pdf/134

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

ihr dachtet wohl nicht, das ich hier verschmachten sollte? Ihr habet des Brodes so viel im schönen Frankreich. Wehe dem, der uns hieher führte. -“

Aber heute kann ich noch nicht die Möglichkeit begreiffen, wie Franzosen, zwar abgemattet, doch gesund, auf freyer Straße verhungern konnten. Wer speißte während der ganzen Belagerung beynahe 30,000 Mann? - Der Bürger. Alles gesunde Militär war ja einquartiret - dieses brachte zwar an jedem Morgen ihre Lothe Rind- oder Pferdefleisch, es brachte sein Zeisignäpfchen Gemüße und dergleichen, wer aber mußte dieses alles ergänzen und zum reichlichen Mahle umschaffen? - Der Bürger.

Scenen, wie sie nur in Abyßinien vorfallen können,[1] sahe ich jetzt mit meinen Augen. Zu zehn und zwanzig Franzosen stürzten sich über ein noch im Sterben liegendes Roß, um diesem bey lebendigen Leibe die besten Leckerbissen herauszuschneiden, in wenigen Minuten waren nur noch Gerippe

Empfohlene Zitierweise:
Carl Baumann: Kriegs- und Familienscenen 1813. , Dresden 1815, Seite 128. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Baumann_Kriegs-_und_Familienscenen_1813.pdf/134&oldid=- (Version vom 11.9.2022)
  1. Bey den Gastmälern der Großen in Abyßinien wurde und wird bis jetzt noch ein gemästeter Ochse vor die Zimmerthüren geführet, die geschäftige Dienerschaft schnitt diesem armen Thiere bey lebendigem Leibe die besten Leckerbissen heraus, rauchend wurde das rohe Fleisch auf die Tafel gebracht, klein geschnitten und in eine Art Blinzen gewickelt; so fütterte nun die Dame den Herrn und der Herr die Dame. Man denke sich das Gebrülle des gemißhandelten Thieres. - -