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seien, wie er erzählte, die Gemeindeschreiber sehr eigenmächtig verfahren.[1] Daher heiße er nicht nach dem Gesinde der Vorfahren Dumburs, sondern D—l. Ein Wirt in dieser Gegend habe einen ganz sonderbaren Namen. Vom Schreiber dazumal (1818) gefragt, wie er heißen wolle, habe dessen Großvater erwidert, er wolle keinen Familiennamen haben, und dabei mehrmals, um seine Weigerung zu bekräftigen, „Negribbu“ (ich will nicht) gesagt. Da sei ihm denn der Familienname „Negribb“ (will nicht) zuteil geworden. Vor Jahren, schon vor der großen Pest des Jahres 1709, müsse hier das Land bebaut gewesen sein, denn oft finde man noch jetzt mitten im Walde, wo weit und breit kein Mensch wohne, Spuren von ehemals gezogenen Furchen. Nach der Pest, so erzähle der Volksmund, hätten sich die Wölfe und Bären sehr vermehrt. Da habe sich hier zuerst ein Pole niedergelassen, nachher ein Litauer, der Böttcher gewesen und einmal beinahe durch einen Bären ums Leben gekommen wäre. Noch seine (D—ls) Vorfahren hätten sich gegen Wölfe zu wehren gehabt. Damals seien die Leute noch „pieguljah“ d. h. bei den Pferden auf der Weide schlafen gegangen, um sie gegen Wölfe zu schützen. Die Pferde selbst seien dazumal auch nicht dumm gewesen. Wenn sie von den Bestien angefallen worden seien, hätten sie ihre Füllen in die Mitte genommen und sich mit den Hinterfüßen verteidigt. In dankbarem Andenken steht beim Volke, besonders am kurischen Strande, Christian Waldemar (geb. 1825, gest. 1891), ein Sohn der Erwahlenschen Gegend, der so viel für die Entwickelung der vaterländischen Küstenschiffahrt getan hat. D—ls Vater sei Waldemars Schulgefährte von der Gemeindeschule her gewesen. Das Volk erzähle sich von einem Stabe, in dessen hohlem Innern

  1. Vordem haben die lettischen Bauern keine stehenden Familiennamen gehabt.
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Edgar Baumann: Im Gottesländchen. In Kommission bei Kluge und Ströhm [et al.], Reval [et al.] 1904, Seite 53. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:BaumannImGottesl%C3%A4ndchen.pdf/61&oldid=- (Version vom 13.12.2020)