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Das Wappen der jetzigen Kreisstadt Tuckum zeigt in silbernem Felde einen grünen Berg, auf dem Tannen stehen. Einen besonders schönen Ausblick auf Tuckum und die benachbarten bewaldeten Höhen soll man, nach dem 1866 von Stavenhagen herausgegebenen „Album kurländischer Ansichten", von Schloß Durben aus haben. In nächster Nähe vom Friedhofsberge gesehen, gewährte das Städtchen mit seinen rotgedachten, weißen Häusern und seinem Kirchturme gleichfalls einen recht gefälligen Anblick.[1]

Wenn man jahrelang in der Mitauschen Ebene, z. B. in Riga, Mitau und am Rigaschen Strande, gelebt hat und dann nach mehrstündiger Bahnfahrt plötzlich in die Gegend bei Tuckum versetzt wird, fühlt man sich freudig durch den Wechsel des landschaftlichen Bildes überrascht. Es ist, als ob man in ein ganz anderes Land gekommen wäre: dort in der Ebene meist sumpfiger oder sandiger Boden, Fichtenwald, seltener Laubwald, kein Geröll und Gestein; hier dagegen bergiges Land, Täler und Höhen, meist Lehm- und Kalkboden, der stellenweise mit großen und kleinen Steinen durchsetzt und übersät ist, Laubwald stark vertreten, die Blumenwelt anders

geartet, form- und farbenreicher. Der mäßige Höhenzug, welcher von Hofzumberge über Doblen längs dem westlichen Rande der Mitauschen Ebene hierher nach Tuckum den Weg nimmt, erreicht seinen höchsten Punkt mehrere Werst hinter dem Stadtchen im Hüningsberge, der sich zirka 400 Fuß über den Meeresspiegel erhebt. Im Juli 1889 war ich das letzte Mal in Tuckum gewesen, wobei ich auch zu diesem Berge einen Spaziergang unternommen hatte, der mir durch das Schöne, das er geboten, stets im Gedächtnis bleiben wird. Zuerst führte der Weg durch freies Gelände, dann in schönen Wald

  1. In Tuckum giebt es auch eine Synagoge, da dort viele Juden wohnen.
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Edgar Baumann: Im Gottesländchen. In Kommission bei Kluge und Ströhm [et al.], Reval [et al.] 1904, Seite 3. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:BaumannImGottesl%C3%A4ndchen.pdf/11&oldid=- (Version vom 9.3.2019)