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jetzt und rachedürstend warf er sich dem Feind entgegen, dem unersättlichen, und es änderten sich die Geschicke.

Der Germane, gestärkt durch das alemanische Brüderband, geschirmt von seinem Wodan[1], seinem Thor, seinen Walküren, stund an den Pforten des Weltreichs. Was nützten die Mauern und Thürme, womit der Römer das Rheinthal umzogen? Sie fielen, und zu Ende war die stolze Herrschaft Roms an den Ufern des Rheines!

Nicht aber wurde das Land jetzt eine Wüste voll Blut und Asche. Die verhaßten Zwingburgen, die schirmenden Städte, die üppigen Bäder und prächtigen Tempel allein wurden ein Raub der Zerstörung – die Hütte, der Pflug des Landbewohners blieben dem Sieger heilig, nur waltete fortan Er als Herr über Alles.

Und auch die alten Götter blieben dem Besiegten. Die Fee’n, die Nymphen, sie bewohnten ihre Felsen, Haine und


  1. Allmächtig, Alles durchdringend und beherrschend thront Wuotan über der germanischen Götterwelt; als Lenker der Schlachten und Erkämpfer des Siegs sprengt er auf sprühendem Wolkenroß oder fährt auf rasselndem Wagen über die Kriegsstätten dahin; den nächsten Rang nach ihm nimmt der rothbärtige Thor, der Gott des Donners ein; einen wuchtigen Hammer schwingend schmettert er aus dem zusammengeballten Gewölk sengende Schlangenblitze hervor; Tyr, der germanische Mars, unterstützt den Wuotan in der Lenkung der Schlachten; in seinem Gefolge die Schlachtenjungfrauen: die Walkyren (aus deren Flügen über die Wahlstätte später wahrscheinlich die Sage vom wilden Heer sich gestaltete). Freyr, der Gott des Friedens, solchen Kriegsgöttern gegenüber, steht natürlich in schwächerem Lichte da; seine Schwester Freya, die germanische Diana, und Wuotan’s Gattin Frea, (Hertha,) sind die weiblichen Hauptgottheiten. Der Raum verbietet uns, alle übrigen, dem hohen Norden entsprossenen, Göttergestalten der urgermanischen Welt hier vorüberschreiten zu lassen; wir erwähnen nur noch der Helden und weisen Frauen, denen, als Halbgöttern, heilige Verehrung erwiesen wurde, wie z. B. dem erdgebornen Tuisko und seinem Sohne Mannus etc. von denen die beiden der Nibelungen und des Heldenbuches, Siegfried, Dietrich, Wieland, Eckart (siehe die Breisacher Sagen) u. s. w. abstammten, die Priesterinen, Seherinen, z. B. Belleda etc.
    Der Germane bevölkerte die Wälder und Gewässer mit Druiden (Druten), Alraunen, Feien (Feen); die Gebirge mit Riesen, Zwergen, Kobolden und allerlei Gnomen, welche Letztere später, zum Theil bei Einführung des Bergbau’s im Schwarzwalde, als Berg- oder Grubenmännlein, Verwandte des Erzgebirgsfürsten Rübezahl, auftreten. Der Lindwürmer, Drachen und anderer Ungeheuer, die zu bekämpfen waren, gab es in den Höhlen und Feksklüften die Menge.
    Anm. des Herausg.     
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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite XXVI. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_p_026.jpg&oldid=- (Version vom 6.1.2018)