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Reich sprudelte dazu der Wein, der frische,

Im Keller aufbewahrt schon manches Jahr,
Der Beste nur floß heut aus grüner Tonne
Und stimmte jedes Herz zu lauter Wonne.

Unter den Gästen hob sich wie ein Riese

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Der wilde Kunz von Rosenberg empor;

Zwei Männer trugen schwer an seinem Spieße,
Und fünf Schuh maß das Schwert, das er erkor;
Schon Manchen streckte todt er auf die Wiese,
Vor seiner Kraft erlag der Ritter Flor,

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Er achtete nicht Zucht, noch zarter Sitte,

Und lebt’ als Unthier in der Menschen Mitte.

Auch heut, bei Würzburg’s Bischof, als der Reben
Flüssiges Feuer ihm zu Kopfe stieg,
Prahlt er von Weibern, die sich ihm ergeben

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Und scherzte laut von manchem Minnesieg,

Verspottete das traute Eheleben,
Und pries dagegen, was ihm bot der Krieg. –
Doch als er Wertheim’s Weib verleumdet hatte,
Erhob sich zornerfüllt der Graf, ihr Gatte,

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Und warf den Fehdehandschuh hin dem Frechen,

Rief ihn zum Kampf auf Leben und auf Tod.
Voll Gift sprach Rosenberg: „Du willst dich rächen,
Du kleiner Schäfer weiß und rosenroth?
Doch gut, auch dich kann noch mein Schwert durchstechen,

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Das Manchem schon ein schnelles Ende bot,

Hielt mich nicht Schüssel und Pokal gebunden,
So lägst du jetzt schon da im Blut und Wunden.

„Doch in drei Tagen werd’ ich zu dir kommen,
Bis dahin mach’ zum Tode dich bereit! –“

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Der Bischof und die Gäste, schwer beklommen,

Vermitteln wollen sie den schlimmen Streit.

Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 643. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_643.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)