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Die gemiedene Kanzel.

In der Klosterkirche zu Amorbach, welche seit Lange von den Lutherischen benützt wird, unterfing sich einst ein Prediger derselben, gegen den katholischen Glauben loszuziehen. Da bekam er auf der Kanzel eine Ohrfeige von unsichtbarer Hand, und seitdem betritt kein lutherischer Geistlicher mehr diese Kanzel, sondern es wird von einem Chorstuhl aus gepredigt.[1]

(Nach mündl. Ueberliefg. mitgetheilt von Bernh. Baader in Mone’s „Anzeiger etc.“ Jahrg. 1838).


Die Entstehung der Wallfahrtskirche zu Walddürn.

In einer ziemlich rauhen Gegend des Badischen Odenwaldes, an der Straße von Heidelberg nach Würzburg, liegt die hübsch gebaute Stadt Walddürn, die ihren Ursprung höchst wahrscheinlich einem römischen Castelle verdankt, das später in ein teutsches Ritterschloß umgewandelt wurde, um welches sich nach und nach ein Dorf bildete, welches unter den reichen, vom Maine bis zum Neckar begüterten Herren von Dürn oder Düren, deren Geschlecht in mehrfacher Hinsicht als wohlthätig verdient erscheint, um das Jahr 1236 sich zur Stadt erhob, die aber erst seit dem Jahre 1330 durch eine Wundergeschichte, so daselbst vorfiel, in bedeutende Aufnahme kam. Die Sage, aus einer Zeit stammend, wo das Volk ohne Aufklärung überall nur Wunder suchte und dieselben in seinen abergläubischen Vorstellungen auch fand, lautet so:

Im J. 1330 verschüttete ein Priester, während der Messe, aus Unachtsamkeit von dem eingesegneten Weine auf das weiße Kelchtuch, auf welchem nun augenblicklich das Bildniß des Heilands in blutrother Farbe hervortrat. Der Priester erschrak, verbarg das Tuch, nahm es zu sich und zeigte den Vorfall insgeheim bei seinen Obern an, welche hierwegen nach Rom berichteten, von woher bald die Erlaubniß kam, das Tuch mit dem Wunderbilde zur öffentlichen Verehrung auszusetzen.


  1. Diese Sage (?) riecht bedeutend nach ultramontaner Fabrik.
    D. H.     
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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 625. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_625.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)