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5
Wohl ragt’ in alten Zeiten das Schloß so stolz empor

Und aus dem hohen Thore sprengt’ mancher Ritterchor,
Gesang und Minnelieder erklangen in der Hall,
Doch alles ist verschollen mit seines Herren Fall.

Drum steig aus deinen Grüften, du Rosenberg, hervor

10
Mit deinen treuen Knappen! – Schon wölbt sich neu das Thor,

Schon steht im hellen Saale dein Mahl in voller Pracht;
Tritt Sänger aus dem Kreise und töne durch die Nacht!


1.
Der Ueberfall.

In schönen Frühlingstagen, wann wieder grünt die Flur,
Die Lüfte wärmer wehen, sich jünget die Natur,

15
Da hörte man ein Sausen wohl durch den stillen Wald,

Wie starken Baches Rauschen, der schäumend wiederhallt.

Es tönte immer lauter, das Brausen näher drang,
Wie ferner Wandrer Tritte, wie dumpfer Waffenklang,
Und um die Felswand bieget sich her ein großer Troß:

20
Kaufleute sind’s, die ziehen heran wohl hoch zu Roß.


Nach Frankfurt auf die Messe die Waaren bringen sie,
Es drängt die Zeit, drum brachen sie heute auf so früh,
Und langsam ziehn die Schaaren, zum Kampfe nicht bereit,
Vier Lanzenknechte folgen, sie dienen zum Geleit.

25
Schon naht die Mittagsstunde, es brennt der Sonne Strahl,

Da tönts wie Pferdgetrappel, wie Schwerterklang durchs Thal,
Wie wenn vom hohen Felsen der Gießbach niederschießt,
Und über Stein und Felder wild brausend sich ergießt.

Und aus dem dunklen Walde hervor zum Sonnenlicht

30
Von Rosenberg der Ritter mit seinen Knappen bricht:
Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 618. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_618.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)