Einen Ritter siehst Du nahen,
Der, um Minne zu empfahen,
Kommt mit ehrfurchtsvollem Sinn.
Ach! schon manche Thräne quoll; –
Bei des Aufgangs Purpurkranze,
Bei der Sterne mildem Glanze,
Bebt mein Herz so heiß und voll!“
„Nahe dieser Wohnung nicht!
Schlummert gleich im heiligen Lande
Längst mein Wilhelm, trennt die Bande
Dennoch Zeit und Schicksal nicht!
Schlägt es bis zur stillen Gruft,
Treue hab ich ihm geschworen,
Deine Seufzer sind verloren
Und verwehn im Abendduft.“
Doch der Tod bricht jeden Schwur.
Soll der Wangen Roth verblühen?
Deiner Augen Gluth verglühen?
Lebst Du für die Todten nur? –“
Meinem holden Knabenpaar!
Seh’ ich einst sie herrlich blühen,
Dann mag diese Gluth verglühen,
Die dem Gatten heilig war!“
Als der Ritter wieder sprach:
„Edle Frau, vom heil’gen Grabe
Komm’ auch ich, und süße Gabe
Folget meinem Flehen nach!
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 583. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_583.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)