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sich aber seine Farbe wieder und immer mehr, bis er am Saume des Waldes beim dritten Markstein wieder ganz schwarz aussieht. Läßt man ihn ruhig, so thut er Einem kein Leid; frägt man ihn aber, was er wolle, so verwandelt er sich in einen fürchterlichen Riesen, gibt dem Neugierigen eine gewaltige Ohrfeige und verschwindet. Wie dieser Geist zu erlösen, ist eben so unbekannt, wie die Ursache, warum er umgehen muß.

(Nach mündl. Ueberlieferung mitgetheilt von Bernh. Baader in Mone’s „Anzeiger für Kunde der teutschen Vorzeit.“ Jahrg. 1838.)


Burg Stolzeneck.

Unterhalb Zwingenberg, bei dem Dörfchen Lindach, rücken die Berge, welche das Ufer des Neckars begrenzen, enger zusammen und bilden ein schmales, düsteres Thor, durch welches der Strom wie träumend dahingleitet. Links ragen aus den Gebüschen die halbzerbröckelten Mauern von Stolzeneck hervor, an welche sich manche geschichtlichen Erinnerungen knüpfen. Noch zu Anfang des 15. Jahrhunderts war diese Burg ein weitgefürchtetes Raubnest, in welchem Hans Horneck von Hornberg sein Unwesen trieb.

Früher lebte hier ein junger Ritter, Namens Ottmar, mit seiner Schwester Williswinde. Der Jüngling mußte seinem Lehnsherrn in den Krieg folgen und nur die schöne Williswinde blieb mit einigen treuen Knechten und Dienerinnen auf der Burg zurück. Sie liebte die Einsamkeit, in der sie aufgewachsen war und dachte in der Unschuld ihres Herzens nicht daran, daß irgend eine Gefahr sie hier bedrohen könne. Ihr Liebling war ein Rabe, den sie aufgezogen hatte. Er begleitete sie auf all ihren Spaziergängen durch Garten und Wald, hüpfte flugs auf ihren Ruf herbei und zupfte sie am Gewand, wenn er Futter haben wollte.

Zwei Monate waren bereits verflossen seit der Abreise ihres Bruders, und da der Pfalzgraf mit dem Heereshaufen, bei welchem sich Ottmar befand, nach Jülich ziehen mußte, so durfte man nicht so leicht an eine baldige Rückkehr denken. Wohl hegte Williswinde Besorgnisse um ihren geliebter Bruder,

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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 578. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_578.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)