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Neckarthal und Odenwald.
Der Ritter von Angeloch.[1]

Als der heil. Bernhard im Dome zu Speyer das Kreuz predigte, ließen sich viele Edle am Rhein damit bezeichnen und unter ihnen auch der Ritter von Angeloch, dessen Burg einige Stunden von Heidelberg lag. Er hatte eine junge schöne Gattin und zwei hoffnungsvolle Knaben; aber so sehr auch sein Herz an Weib und Kindern hing, so siegte doch die fromme Schwärmerei jener Zeit über seine zärtlichen Gefühle, und er schloß sich den Zügen der Kreuzfahrer an, nachdem er seine Lieben dem Schutze des Ritters Konrad von Asbach empfohlen, der am Neckar wohnte und zwar ein tapferer, aber auch äußerst habsüchtiger, überdies schnöden Lüsten ergebener Mann war, welche Fehler der Ritter von Angeloch freilich nicht in ihm vermutete.

Ein Jahr war seit des Letzteren Abreise verflossen, als ein Knecht desselben mit der Trauerbotschaft aus Palästina heimkehrte, sein Herr sey in einem Gefechte mit den Ungläubigen an seiner Seite gefallen. Als Wahrzeichen übergab er der Frau Irma den Ring, welchen er ihrem sterbenden Gatten vom Finger gezogen.

Die unglückliche Wittwe versank in trostlosen Schmerz. Sie hüllte sich in Trauerkleider und ließ viele Messen lesen für die Ruhe des Hingeschiedenen.

So gingen sechs Monate vorüber, während welcher Zeit


  1. Schloß und Pfarrdorf, von Neckargemünd anderthalb Stunden südöstlich entfernt.
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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 560. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_560.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)