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und welcher noch der Jettabühl genannt wird. Sie hielt sich in einer uralten Kapelle auf, deren Trümmer noch zur Zeit, als der Pfalzgraf Friederich (um’s Jahr 1544) einen schönen Palast baute, welchen man den „neuen Hof“ nennt, zu sehen waren. Dieses Weib war wegen ihrer Wahrsagekunst weit und breit berühmt, verließ aber nur selten ihre Kapelle, wahrscheinlich um sich ein geheimnißvolleres Ansehen zu geben. Ward sie um Rath gefragt, so gab sie Antwort durch ein kleines Fenster, ohne sich selbst sehen zu lassen. Unter Anderm verkündigte sie in Reimsprüchen: „Es wäre über ihren Hügel beschlossen, daß er in künftigen Zeiten von hochfürstlichen Männern, welche sie mit Namen nannte, sollte bewohnt, bewehrt und geziert, und das Thal unter demselben mit vielem Volk besetzt werden.“

(J. Baader’s „Sagen der Pfalz, des Neckarthals etc.“)


Der Königsstuhl.[1]

Gar treuherzig erzählen Joh. Sabellicus und Johann Agrikola, auf der Spitze dieses Berges habe ein alter teutscher König, Estermann mit Namen, sich um 2250 vor der christlichen Zeitrechnung einen Stuhl oder Sitz gebaut, und dieser sey von Caroceus im Jahr 442 nach Chr. G. zerstört worden.

Noch in später Zeit stand auf der Spitze des Berges eine mächtige Eiche mit Sitzen, welche man den Königsstuhl nannte. Es ist darum nicht unwahrscheinlich, daß einer der fränkischen oder teutschen Könige diesen Berg bestiegen, sich unter der Eiche ausgeruht, und die Stelle davon den Namen erhalten. Oder sollte der gepflasterte Hinweg auf ein höheres Alter deuten und auf dieser Höhe ein Kastell gestanden haben?

(S. „Heidelberg und seine Umgebungen,“ von Al. Schreiber. Heidbg. 1811.)

  1. Seit Kaiser Franz i. J. 1815 diesen Ort besuchte, wurde der Name zum Kaiserstuhl erhoben. Auf der Spitze des Berges ward 1832, aus freiwilligen Beiträgen, um der herrlichen Aussicht willen, ein Thurm erbaut.
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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 556. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_556.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)