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Hat er Jetta sich verschworen,
Bis ihm lösch’ das Auge aus.
Hier, beim Schein der stillen Sterne,

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Soll er ruhn an ihrer Brust,

In dem heil’gen Buchenhaine
Trinken süße Liebeslust.

So von Sehnsucht heiß erglühet,
Bis die Sonne wieder sinkt,

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Und zum sel’gen Wiedersehen

Abendstern ihm freundlich winkt,
Irrt er auf den grünen Hügeln,
Auf den Schlössern rings umher;
Denket nur der Sternenstunden,

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Denkt nicht seiner Heimath mehr!


Aber, ach! als er so glühend
Bei dem nächsten Sternenschein
Zu der Quelle wieder eilet,
Hin zu Jetta’s heil’gem Hain;

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Ach! die Seele muß vergehen

Vor dem schrecklichen Gesicht,
Das sich gräßlich ihm enthüllet,
Als er durch die Zweige bricht.

Die er wähnte zu begrüßen,

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Zu umfassen liebentbrannt, –

Jetta liegt im Todesblute
An der kühlen Felsenwand!
Wo ihr himmelblaues Auge
Lächelte ihn freundlich an,

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Grinst ein Wolf und streckt die Zunge

Blutgefärbt zu ihm heran!

Von Verzweifelung ergriffen
Streckt er schnell das Unthier hin,
Wirft sich auf die schöne Leiche –

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Eine Sonne im Verglühn! –
Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 552. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_552.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)