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Drückt er die Flammenkrone
Der stolzen Burg auf’s Haupt.[1]

Es ist um sie geschehen –
Die Zinnen sind gefallen,

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Verödet stehn die Hallen,

Gepeitscht von Windesweh’n.

Du trotztest kühn der Zeit
Gefräß’gem Ungeheuer,
Nun hat des Himmels Feuer,

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Zerstört die Herrlichkeit.


Träum’ sanft! – In Todesnacht,
Bist selbst du noch erhaben,
Wirst noch die Nachwelt laben
Mit deiner alten Pracht!

Heribert Rau.

  1. Die Feigheit des Stadtcommandanten, General Heidersdorf hatte im Orleans’schen Erbfolgekriege Stadt und Schloß Heidelberg den Franzosen in die Hände gespielt. Festungswerke, Thürme und die Neckarbrücke wurden gesprengt und Stadt und Schloß in Brand gesteckt. Das Glück war für Heidelberg dahin. Zwar ließen die Kurfürsten Johann Wilhelm und Karl Philipp, Stadt, Schloß und Brücke wieder herstellen, da jedoch Letzterer wegen der Kirche zum heiligen Geist mit den Bürgern in Streit gerieth, verlegte er sofort seine Residenz von Heidelberg nach Mannheim, wo er das neue Schloß und die Jesuitenkirche bauen ließ. Sein Nachfolger Karl Theodor besuchte an einem heitern Frühlingstage die verödeten Hallen des Sitzes seiner Vorgänger. Das Geläute der Glocken, eine über den Schloßberg wallende Procession, die Erinnerung an die vergangene Herrlichkeit und der Zauber der malerischen Umgebungen machten einen solchen Eindruck auf ihn, daß er sich entschloß, den Kurfürstlichen Sitz hier wieder aufzuschlagen. Schon war Alles zu seinem Empfange festlich bereit, als am 24. Juni 1764 der Blitz alle vom Kriege noch verschont gebliebenen wohnlichen Reste zertrümmerte und verbrannte. Karl Theodor, der sehr abergläubisch war, hielt dies für einen warnenden Fingerzeig Gottes, und wagte nicht, das Schloß wieder aus seinem Schutte zu erheben.
    (Siehe Baader’s „Sagen der Pfalz etc.“ Seite 102).
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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 537. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_537.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)