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Der Neckar is helwer, er hot die Macht,
Er verlangt e lewendigi Seel die Nacht.

Wann in der Ghannedagsnacht Eener bad’t

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Im Neckarschtrom, in der warme Nacht,

Befehl er sich Goddes allmächdiger Gnad,
Er is hin, wann en die nid bewacht.
Wann’s Wasser reißt, do hebt sich e Hand,
Die zieht ’n in Schtrom, – er meent an’s Land!

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Der Neckar-Geischt is es, er hot die Macht,

Er verlangt e lewendigi Seel die Nacht.

Drei Dag lang findt mar de Dodte nit,
Drei Dag lang un drei Nacht;
Am virde erscht bringt’ n’s Gewässer mit

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Aus ’m Grund ruf, un rauscht mit Macht; –

Do seht ’r jo, – ’s is keenn nadürliches Ding, –
Er hot um de Hals rum en blooe Ring!
Der Neckar-Geischt war’s, – er hot die Macht,
Er holt sich e Seel in der Ghannsdagsnacht.

K. G. Nadler.
(Originalausgabe.)


Der Pfalzgraf am Rhein.[1]

Es wohnt ein Pfalzgraf an dem Rhein,
Der ließ verjagen sein Schwesterlein,
Da kam der Küchenjung zu ihm:
„Willkommen, willkommen, Pfalzgraf am Rhein!


  1. Diese Ballade, offenbar eine der tragischsten, welche im Munde des Volkes erhalten ist, läßt sich den schönsten altenglischen, schottischen und dänischen Balladen an die Seite stellen. Sie ist weit verbreitet und in mehreren Versionen auf uns gekommen. Die im Wunderhorn, II. Band Seite 272 abgedruckte, ist wohl von Brentano selbst gedichtet. Am neuesten ist offenbar die Bearbeitung desselben Stoffes in Baader’s und L. Moris’ Sagen der bayrischen Pfalz. (Stuttgart bei Göpel. Seite 251.) Ihr gar zu romantisches Gewand verräth ihre Unächtheit.
    (Siehe J. Baader’s „Sagen der Pfalz und des Neckarthals etc.“)
Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 480. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_480.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)