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Albrecht war ein schöner Jüngling von stattlichem Wuchs und blühendem Antlitz. Um seinen Nacken spielten dunkle Locken, die braunen Augen blitzten helle Funken und um die milden Züge seines Mundes begann ein weicher Bart hervorzusprossen. Gebildet durch den Umgang seines Vaters, war er gewandt im Reden, scherzte gern und fühlte sich im Innersten beglückt, wenn er bei Tische, dem Grafen und dem Vater gegenüber, an der Seite des lieblichen Fräuleins saß. So war ihm manch wonniger Abend dahingeflogen; kein Wunder, wenn in dem Busen des Jünglings Ahnungen dämmerten und Träume von der höchsten Erdenseligkeit.

Einst saß das Fräulein Adelheid im Garten in einer blühenden Hollunderlaube, wo die Bergstraße vorüberzog und das Auge frei hinüberschaute nach der Burg, die bereits hochgethürmt auf der Spitze des Berges stand. Der Tag neigte sich zu Ende, fern über dem Rheine sank die Sonne hinter das blaue Gebirge und im sanften Rosenschimmer des Himmels weideten tausend luftige Lämmer.

Ein Geräusch weckte das Fräulein aus den sehnenden Träumen, in die sie der liebliche Abend gewiegt hatte; sie blickte um sich und Albrecht trat in die Laube mit ehrfurchtsvollem Gruße. „Fräulein,“ – sprach er – „mich führt ein Gesuch zu Euch, das Ihr mir nicht abschlagen dürft, weil Euch die Gewährung wenig kostet und mich unendlich glücklich machen wird. Morgen halte ich den Bauspruch droben auf der Burg. Ein bunter Kranz soll mir das Fest verschönen, und an dem Kranze soll ein Band, von Euch geschenkt, als höchstes Kleinod prangen; nicht wahr, Ihr schenkt mir ein solches Band?

Des Jünglings Wangen strahlten hohe Röthe, als er dieß sprach, das Fräulein aber nahm ohne Ziererei ein blaues Band aus ihren Lockenflechten und gab es ihm holdlächelnd mit den Worten: „Ist das gut genug?“ Voll Entzücken erhaschte Albrecht gleich mit dem Geschenk auch die Hand Adelheids und preßte sie voll Inbrunst an die Lippen, worauf er ohne Worte davon eilte.

Noch lange saß das Fräulein in der Laube tief beklommen und ohne zu wissen, was ihr den Busen so bewegte; tausend Gedanken durchkreuzten ihre Stirne, tausend Bilder umgaukelten

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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 461. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_461.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)