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Und wider Willen muß er freien,

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Das ihm doch übel thät gereuen! –

Ihm ward in seinem jungen Leben
Ein’ schöne, edle Jungfrau geben;
Ließ doch von der Gewohnheit nit,
All Tag er Kathrinen bitt’,

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Daß sie darum ihn nicht woll’ hassen,

In seinen Nöthen nicht verlassen.

Da nun sein’ Hausfrau schwanger ging,
Sie einen Argwohn auch empfing,
Wenn er ging nach Kathrinen Kirche,

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Thät sie in ihrem Herzen fürchten,

Er möcht’ vielleicht in diesen Tagen
Ein’ Andre lieber, dann sie, haben.

Einsmals bestellt sie eine Magd,
Zu der sie diese Worte sagt:

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„Wo geht mein Herr allmorgen hin?“ –

Die Magd sagt ihr aus bösem Sinn:
„Ich weiß wohl, wo er hingegangen;
Hat nach des Pfaffen Schwester Verlangen.“

Die Frau ward ob dem Wort betrübt,

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Weil sie der Ritter allein nicht liebt.

Da nun der Herr zurücke kam,
Der Frauen Traurigkeit vernahm,
Fragt er, warum sie traurig wär?
Sie sagt, sie hörte böse Mähr,

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Wie er ging täglich umher buhlen,

Zu des Pfarr’s Schwester in die Schulen.
Er sagt: „Du hast nicht recht gehört,
Oder bist sonst worden bethört,
Die ich lieb hab in meiner Pflicht,

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Die ist des Pfarres Schwester nicht,

Es ist ein’ Andere zur Frist,
Die tausendmal viel schöner ist.“ –
Stand also auf von seinem Bett,

Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 453. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_453.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)