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Daß Hunger es beinah bezwang;

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Schon droht den Bürgern Untergang,

Bis sie, die Noth zu enden,
Zu einer List sich wenden.

Ein fettes Hündlein wird ersehn,
Das schwerbedrängte Bretten

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Wo möglich vor dem Untergehn

Und Hungertod zu retten.
Man mästet nun das Thier so sehr,
Daß es so feist ward, dick und schwer,
Dem Feinde nur zum Trug doch,

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Als hätt’ man Fleisch genug noch.


Als dieser bald darauf die Stadt
Mit stolzem Trotz so eben
Von Neuem aufgefordert hat,
Sich endlich zu ergeben;

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Da kroch gemächlich aus dem Thor

Ein fett gemästet Thier hervor,
Als sollt’ sein voller Magen
Dem Feind die Antwort sagen.

Obwohl ihn solcher Spott verdroß,

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Vergaß er, sich zu rächen,

Und fand für gut, mit seinem Troß
Soforten aufzubrechen.
Er schickt mit zornentflammtem Blick
Schwanzlos den armen Hund zurück;

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So hat für fette Bißen

Das Hündlein leiden müssen!

Doch um dem Hündlein für die That
Ein Denkmal zu erbauen,
Beschloß hierauf der Magistrat

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Sein Bildniß auszuhauen.

So sieht man jetzo spat und früh
Am Dache St. Laurentii
Den Hund, den immer fetten;
Das ist der Hund von Bretten.

Maximilian Sachs.
Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 414. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_414.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)