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Der entheiligte Gürtel.

Zu der Kapuzinerwohnung auf dem Michelsberg bei Untergrombach pflegten häufig die Hirsche des benachbarten Waldes zu kommen. Einem derselben warf ein Kapuziner seinen Gürtel um’s Geweih und schleppte den so Gefangenen daran nach Hause. Wegen dieser Entheiligung des Gürtels und Verletzung des frommen Gastrechts mußte der Kapuziner nach seinem Tode noch lange Zeit, den Gürtel um den Leib, als Geist umgehen.[1]

(Siehe Mone’s „Anzeiger etc.“ Jahrg. 1839.)


Teufelskutschen.

1. Eines Abends um sieben Uhr ging eine Frau, welche nach Heidelsheim wollte, auf der Landstraße zwischen Ubstadt und Bruchsal. Am dortigen Galgen kam eine Kutsche hinter ihr her, hielt bei ihr an und ein, darin sitzender Mann lud sie, während die Thür aufsprang, zum Einsteigen ein. Nach einigem Zögern stieg sie ein, worauf der Schlag von selbst wieder zuging. Der Mann sprach kein Wort, doch die Frau gewahrte mit Schrecken, daß er Bocksfüße habe. Als sie vergebens versucht hatte, die Kutschenthüre zu öffnen, um herauszuspringen, zog sie ein Gebetbüchlein aus der Tasche und betete in Einem fort, bis sie bei Untergrombach zu einem Kapellchen kamen. Da öffnete sich der Schlag wieder von selbst, die Frau sprang heraus, und unter fürchterlichem Knall verschwand die Kutsche mit Mann und Rossen.

2. Vor etlichen vierzig Jahren kamen ein Schneider aus Wössingen und sein Lehrjunge, als sie Nachts vom Traishof heimgingen, zu einer Kutsche, worin ein Mann und auf dem Bocke der Kutscher saß, und neben welcher ein anderer Mann in grünem Rock einherschritt. Derselbe lud die Beiden zum Einsteigen


  1. Die Sagen von zauberischen Gürteln scheinen in das Heidenthum zurückzugehen; der Gürtel Thors und Brunhilds und die Halsketten der Schwanenkinder gehören dazu. Siehe die Sage vom ledernen Riemen im Schloßarchive zu Wertheim.
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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 409. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_409.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)