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wieder an seinem vorigen Platze. Abermals trug er es vom Sumpfe mit sich nach Hause, allein in der nächsten Frühe fand er es wieder auf dem Baumstumpen, und ebenso, nach nochmaligem Heimtragen, am dritten Morgen; worauf er es ruhig dort stehen ließ. In der Folge kamen auf einer ihrer Wanderungen einige Kapuziner an diesen Ort und bauten, nachdem ihnen der Schäfer sein Wunderbegebniß berichtet, eine Kapelle über den Stamm mit dem Bilde, und daneben für sich eine Wohnung. Diese Ansiedlung erhielt, nach dem Zuruf der Madonna „Wag’ es!“ den Namen „Waghäusel“ und bald wurde von nah und fern zu dem Wunderbilde gewallfahrtet.[1]

(S. Mone’s „Anzeiger etc.“ Jahrg. 1839.)


Die Kapelle zu Waghäusel.

Vor etlichen hundert Jahren geschah es, daß zwei Ritter im Lußhardtwalde sich ein Treffen lieferten. Schon wich die Mannschaft des Einen; er selbst lag erschöpft unter einem Baum und rief die seligste Jungfrau um Beistand an. Da vernahm er eine wunderbare Stimme, welche aus der Krone des Baumes ihm zurief: wage, wage! Hierdurch mächtig gestärkt, kehrt er in das Treffen zurück, und erlangt einen vollständigen Sieg. Zum Danke ließ er nachmals da, wo der Baum stand, eine Muttergotteskapelle bauen, die den Namen „Waghäusel“ erhielt, und bald das Ziel vieler Pilgerfahrten wurde.[2]

(Siehe Mone’s „Anzeiger“ 1835.)

  1. Häufig strebt die Volkssage, Namen zu erklären. Solche Sagen sind meistens jung, weil sie die Namen der Orte gewöhnlich mißverstehen und deren alte Bedeutung nicht mehr kennen, wie obiges Beispiel beweist. Waghäusel hieß ursprünglich Waaghus, d. h. das Haus bei dem stehenden Wasser, von dem noch das nahegelegene Torfmoor zurückgeblieben ist.
    M.     
  2. Diese Sage hat mit der Entstehungsgeschichte der Waghäusler Wallfahrt nur entfernte Aehnlichkeit, und scheint ihr Daseyn hauptsächlich einer Erklärung des Ortsnamens zu verdanken. Man vergleiche das „anmuthige Waghäusler Büchlein“, Bruchsal bei A. G. Gottschalk, 1732, worin die erwähnte Geschichte, nach den Urkunden des Klosters Waghäusel, erzählt ist.
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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 408. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_408.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)