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Die umgehenden Feldmesser.

Im Albthale geht in den heiligen Nächten ein Geisterzug von Marxzell bis zur Wattmühle hin und zurück. Vier Männer, deren Jeder ein Licht trägt, führen in ihrer Mitte einen nakten Mann, aus dessen Leib, von Kopf bis zu den Füßen Feuer hervorglüht; ein Sechster schreitet in kleiner Entfernung neben her; er tragt ein blaues Licht und kann erlößt werden. Die fünf Anderen sind unter sich in heftigem Streit begriffen und schlagen wild auf einander los, besonders auf den Mann, der in der Mitte geht. Sie waren bei ihren Lebzeiten betrügerische Feldmesser und der Nakte ihr Anstifter, weßhalb die Andern ihm nun Vorwürfe machen und Rache an ihm nehmen.

(Auf der Gemarkung von Weingarten im Bruchrain gehen ebenfalls nächtliche Feldmesser um. Sie erscheinen mit ihren Stangen gleich nach der Abendglocke, messen die Felder und setzen Grenzsteine die ganze Nacht hindurch und verschwinden erst in der Frühe, wenn der englische Gruß geläutet wird).

(Siehe Mone’s „Anzeiger etc.“ 1836.)


Der Ring am Ettlinger Kirchthurm.[1]

Bei der Verbrennung Ettlingens durch die Franzosen waren die Mauern des achteckigen Kirchthurmes zwar stehen geblieben, hatten aber vom Feuer so sehr gelitten, das man, bei der Widerherstellung des Thurmes, dessen obern Theil abtragen zu müssen glaubte. Da erbot sich ein Schloßergesell, an dem Thurme sein Meisterstück zu machen, und zwar so, daß von demselben nichts abgebrochen zu werden brauche. Nach erhaltener Bewilligung verfertigte er, blos nach dem Augenmaße, einen starken eisernen Ring und schmiedete ihn mit Lebensgefahr oben um den Thurm, ihn so vollkommen anpassend und befestigend, daß er, ohne alle Abtragung, leicht wieder hergestellt werden konnte. Noch jetzt hält dieser Reif den Thurm zusammen und wäre, zu einer geraden


  1. Diese und die folgende Sage wird erzählt in P. J. Schneider’s „Versuch einer medicinisch-statistischen Topographie von Ettlingen,“ S. 82 und 109–110.
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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band . Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 337. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_337.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)