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Lievland, um dort mit den teutschen Rittern gegen die Ungläubigen zu fechten. Einem solchen Zuge schloß sich auch Kurt von Fürstenzell an, dessen Stammschloß auf einem Hügel an der Alb lag. Er ließ eine junge Gattin und zwei Töchterlein im zartesten Alter zurück.

Schon im ersten Treffen ward er von den wilden Preußen gefangen und zu schimpflichen Sklavenarbeiten verurtheilt, unter denen er über fünf Jahre sein Leben elend hinschleppen mußte, bis endlich ein großer Sieg des christlichen Heeres ihm Gelegenheit verschaffte, zu seinen Glaubensbrüdern zu entfliehen. Aber jetzt erneuerte sich mit verdoppelter Stärke das Heimweh in seinem Herzen; er gedachte mit bangen Besorgnissen seiner schutzlosen Gattin und Kinder und beschloß nun, so eilig als möglich nach Hause zu kehren, weßhalb er ein Pilgergewand anlegte und sich augenblicklich auf den Weg machte. Nach vielen Gefahren und Mühseligkeiten sah er endlich das Land seiner Väter wieder und war kaum noch eine halbe Tagreise von seiner Burg entfernt, als er spät am Abend ein Nonnenkloster erreichte, wo er um Herberge ansprach. Er wurde freundlich aufgenommen und gut bewirthet, worauf die Schaffnerin ein junges Dienstmädchen herbeirief und ihr befahl, den Pilger in die Herberge zu führen, die nur einige Schritte vom Kloster entfernt lag. Bertha, so hieß das Mädchen, war eine schmucke Dirne von ohngefähr achtzehn Jahren, und schien sehr überrascht, einen Pilgrim zu sehen, der aus so fernen Landen kam, und für das Kreuz gestritten.

„Ihr kommt aus Preußen?“ – fragte sie auf dem Wege nach der Herberge mit einer Stimme, die mehr als gewöhnliche Neugier verrieth.

„Ja, mein Kind.“

Ein Ach! entschlüpfte bei dieser Antwort dem Busen des holden Mädchens.

„Du seufzest!“ – sagte der Pilger – „Hast du vielleicht einen Bruder oder Vater unter den teutschen Schaaren, welche in jenes Land gezogen sind?“

„Nein, nein,“ – erwiederte die Jungfrau – „aber ein Rittersmann aus unserer Gegend ist vor mehr als fünf Iahren zu den Schwertbrüdern gegangen, und Niemand weiß,

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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 334. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_334.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)