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Und donnernd ruft er aus den Höhen:
„Laßt ja den Frevel nicht geschehen,

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Die ihr euch Badens Söhne nennt;

Gestattet nicht, daß sie verderbe,
Die schönste Perl’ in Badens Erbe,
Erhaltet Ludwigs Monument!“

     Rastatt. *****     
(Aus dem Freiburger Wochenblatt, Jahrg. 1835.)

Rastatt war schon in uralten Zeiten ein ansehnliches Dorf, wurde aber, so wie es jetzt ist, von dem teutschen Helden Markgraf Ludwig, dem Türkenbändiger, zu Ende des siebzehnten und Anfangs des achtzehnten Jahrhunderts erbaut und blieb seitdem die Residenz der Markgrafen von Baden-Baden bis zum Erlöschen dieser Linie im Jahr 1771. Das Residenzschloß ist unstreitig eines der prächtigsten in Teutschland. Es thront auf einer mäßigen Höhe über der regelmäßig angelegten Stadt und breitet seine mächtigen Flügel und Arme gegen sie aus wie zum Schutz und Schirm. Majestätisch ist das Portal, und hoch oben auf der Zinne des Daches verkündet die kupferne, vergoldete Bildsäule des Donnergottes Zeus den Herrschersitz. Im Innern des Schlosses bewundert man die prächtigen Marmortreppen, die herrlichen Säle und reichgeschmückten Gemächer. Besonders merkwürdig ist das sogenannte Türkische Zimmer, in welchem die Waffen, Fahnen, Roßschweife etc., aufbewahrt werden, welche Markgraf Ludwig von den Saracenen erbeutet, die er in mehreren Schlachten besiegt hatte. – Ebenso merkwürdig sind die Friedenssäle, wo im Anfange und zu Ende des vorigen Jahrhunderts hier an der Grenze von Frankreich und Teutschland Stillstände gemacht wurden in unseren langwierigen Processen mit dem unruhigen überrheinischen Nachbar. In einem dieser Zimmer zeigt man noch an den Wänden die Tintenflecken, welche hingesprützt wurden von den Federn der großer Helden und Staatsmänner, Prinz Eugen und Marschall Villars, als sie im Jahr 1714 den 7. März, Morgens zwischen drei und vier Uhr, nach einem langen, verheerenden Kriege, den Frieden zwischen Teutschland und Frankreich unterzeichneten. Die zweite Friedensunterhandlung fand hier im Jahr 1789 statt, endigte aber nicht mit Tinten-, sondern mit Blutflecken. Denn die französischen Gesandten, die freilich ihre Jakobiner’sche Unverschämtheit damals auf’s Höchste trieben und die Teutschen schmachvoll behandelten, wurden zuletzt, als der Krieg mit Oesterreich schon wieder ausgebrochen war, bei ihrer Abfahrt nach Frankreich, nicht weit von den Thoren Rastatts, mörderisch überfallen, wobei zwei von ihnen das Leben verloren. Wer die eigentlichen Urheber dieses, das heilige Völkerrecht so schändlich verletzenden Verbrechens waren, ist nie ganz klar erwiesen worden.

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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 321. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_321.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)