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Sagen von der Yburg.
Die Yburg.

Zwei Stunden von der Stadt Baden, auf einem in die Ebene vorspringenden Bergkegel, erheben sich die grauen Thürme der Burg Yburg. Der eine davon ist von oben bis unten vom Blitze gespalten. Von dem übrigen Mauerwerk liegt, außer dem allmälig auch einstürzenden vorderen Thorbogen, Alles in Trümmern. Das Geschlecht, welches hier wohnte, ist längst erloschen. Der letzte Besitzer der Burg führte, wie die Sage geht, ein wüstes Leben, wodurch er in mancherlei Bedrängnisse gerieth.[1] Seine Güter wurden verpfändet und er mußte sich eine Zeitlang seinen Unterhalt raubritterlich mit dem Schwert erkämpfen, bis er in einem Gefechte den rechten Arm verlor und ihn der größte Theil seiner Knechte verließ. Jetzt saß er voll finstern Unmuths auf seiner einsamen Burg und brütete über allerlei schlimmen Anschlägen. Da kehrte eines Abends ein Pilger bei ihm ein, der vorgab, er wisse verborgene Schätze zu finden und wolle ihn von aller Noth befreien. Der Ritter war darob höchlich erfreut und vertraute ihm: „Ich habe mehrmals von meinen Eltern gehört, daß mein Urgroßvater, als einst dieses Schloß von einer schweren Belagerung bedroht war, einen großen Reichthum an Gold und Edelsteinen darin vergraben, gleich beim ersten Ansturm des Feindes aber das Leben eingebüßt habe. Könnt Ihr mir zu diesem Schatze verhelfen, so sollt Ihr auf fürstliche Weise belohnt werden.“

„Das kann mir nicht schwer fallen;“ – erwiederte der Fremde, – „war ich doch selbst dabei, als Euer Ahne, den man nur den Isegrimm nannte, seine Kleinodien in Sicherheit brachte.“

„Ihr wart[WS 1] dabei?“ fragte der Yburger und sah ihn mit großen Augen an. „Mein Urgroßvater ist ja schon seit mehr als hundert Jahren todt!“


  1. Dies erinnert an den Markgrafen Eduard Fortunat. Siehe das betreffende Gedicht J. Hub, S. 249.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: war
Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 242. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_242.jpg&oldid=- (Version vom 7.7.2021)