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Und fort in unerschöpfter Schnelle
Eilt sie dem Ziel der Reise zu,
Nur eine heilige Kapelle

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Beut zum Gebet ihr kurze Ruh.

Jetzt ist der Reise Ziel erschritten,
Es steht die Magd in Hagenau,
Mit Thränen und beredten Bitten,
Vor einem Kriegsmann stolz und rauh.

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Den mahnt sie an vergangne Stunden,

Wo er nach schwülem Kampfestag,
Bedeckt von brennend heißen Wunden,
Hilflos im Krankenbette lag;
Er denkt der Zeit, wo sein gepfleget

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Die zarte, jungfräuliche Hand;

Sein Herz, zum Danke sanft beweget,
Die erste stille Lieb’ empfand.

Von frommen Händen groß gezogen,
Bringt sie ihm Blumen duftig zart,

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Buntfarbig wie der Regenbogen,

Zu füllereichem Strauß gepaart;
Der Jungfrau Bildniß, sich entringend
Aus Erdennacht ins Meer des Lichts,
Ins Reich der Himmel auf sich schwingend

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Verklärten, sel’gen Angesichts:


„Du durftest nicht umsonst verpfänden
Der Pflegerin dein Ritterwort;
Nun schütze vor den Mörderhänden
Dein Dank des Friedens stillen Port!

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Die Gottesblumen zu bewahren,

Beeile dich im Sturmgebraus,
Die dich gerettet in Gefahren,
Der rette du ihr heilig Haus!“

Kann er dem Sturme Halt gebieten,

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Der braust auf höheres Gebot?
Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 224. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_224.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)