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Die glüh’nden Fäden mit Frohlocken
Und singt ein Sprüchlein wohlgemuth.

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Rothaugige Teufelsdirnen lesen

Im dichten Walde Reisig auf,
Die Einen binden ihn zu Besen,
Die Andern schneiden Fratzen drauf;
Denn auf dem Besen, wie bekannt,

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Macht gern der Herr den Ritt in’s Land.

Hui, welche Lust, wenn solch ein Pferd
Mit Pruhsten in die Lüfte fährt,
Bis es, von einem Stern entzündet,
Als glüh’nde Asch’ im All verschwindet,

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Und man den Reiter mit tollen Fratzen

Kopfüber sieht zur Erde platzen!
So geht es, bis der Morgenstrahl
Ein Ziel dem tollen Spuke setzt.
Was Wunder, daß das Volk im Thal

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Ob solchem Graus, ob solcher Qual,

Im tiefsten Herzen sich entsetzt?
Da ward berathen und gesonnen:
„Wie wenden wir’s zu dieser Frist?
Versieget ist der Segensbronnen,

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Was wir gewonnen, ist zerronnen,

Die Hölle hält uns rings umsponnen,
Hilf uns, Marie! hilf, Jesu Christ!“

Und sieh! da ward zu guter Stunde
Ein gutes Wort in’s Werk gesetzt:

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Ein Kirchlein bau’n sie auf dem Grunde,

Wo sich die Hölle müd’ gehetzt;
Ha, wie die Kuppel glänzt und loht
Im Morgen- und im Abendroth!
Und aus dem Thale ziehn die Schaaren

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Mit baarem Haupt den Berg hinan,

Voran ein Greis mit Silberhaaren,
Ein Priester, festlich angethan;
Zwei Knaben, Kreuze tragend, schreiten
Im weißen Chorhemd ihm zur Seiten. –

Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 211. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_211.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)