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Ein beherzter Knecht aus der Burg war ihm aus Neugier insgeheim nachgeschlichen und blieb nun in einiger Entfernung stehen. Er sah und hörte, wie der Junker mit der Jungfrau ein Gespräch anknüpfte, aber als sie derselbe gar nun in seine Arme schloß, da wandelte den Lauscher ein solches Grauen an, daß er eiligst nach der Burg zurückfloh.

Am Morgen darauf fand man den Junker von Keller todt am Fuße des Altares liegen; das Marmorbild selbst war und blieb verschwunden. Kellers Bruder ließ den Altar in Trümmer schlagen und an dessen Stelle einen Bildstock mit den Symbolen der Erlösung aufrichten, auf dem Punkte aber, wo der Leichnam des unglücklichen Bethörten gefunden worden, ein steinernes Kreuz. Beide Denkmale stehen noch am alten Wege, der vom alten Schloß Baden nach Kuppenheim führt.

(Vergl. Al. Schreibers „Sagen aus den Rheingegenden und dem Schwarzwalde.“ Neue Sammlung. Heidelberg, 1839.)


Keller’s Bild.
(Metrische Fassung derselben Sage.)

Es lag ein altes Nymphenbild
Im Tannenforst begraben,
Wo vormals Heiden grimm und wild
Mit Blut geopfert haben.

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Es lag in seinem Waldversteck

Wohl tausend Jahr vergessen,
Bis diesen Schatz ein Junker keck
Zu heben sich vermessen.

Einst ritt Herr Keller durch den Wald

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In später Nacht alleine;

Da winkt ihm eine Frau’ngestalt
Am Weg im Mondenscheine.

Ihr Auge kühn und minneklar
Hat schnell sein Herz umsponnen,

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Doch bot er Hand und Gruß ihr dar, –

Schnell war das Bild zerronnen.

Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 201. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_201.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)