zu, nahm mit sittiger Begrüßung den Becher aus ihrer Hand und leerte ihn auf einen Zug. Aber der Wein floß wie Feuer durch seine Adern und sein Herz entbrannte in wahnsinniger Liebe zu dem Burgfräulein. Das mochte sie wohl in seinen flammenden Blicken lesen – sie sah ihn eine Weile wehmüthig lächelnd an und verlor sich schnell hinter dem Gemäuer.
Von diesem Tag an hatte der Jüngling keine Ruhe mehr. Wo er nur ging und stand, schwebte das verführerische Bild der Jungfrau mit dem Becher vor ihm, und er irrte vom frühen Morgen bis zum späten Abend unter den Ruinen umher, stets in der Hoffnung, die Holde wieder zu sehen; doch vergebens: sie war und blieb verschwunden! Aber jener Wein glühte fort in seinen Adern und verzehrte sein Herz und seine Jugendblüthe. Eines Tages fanden ihn einige Holzhauer todt am Eingange des Schlosses.
„Sieh, was steht auf Windecks Thurme,
Da noch kaum der Morgen graut?
Fast erscheint es wie ein Ritter,
Der ins Thal herniederschaut.“
Auf die Trümmer oft zurück,
Nach dem Rheine, nach dem Münster
Wendet er den feuchten Blick.
Herrlich hier auf diesen Bergen
Hugo war von edler Sitte,
Kühn, doch menschlich im Gefecht.
Von den Frauen Straßburg’s reichte
Ihm die Schönste ihre Hand,
Sehnend nach dem Heimathland.
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 152. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_152.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)