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Mutter gehörigen Acker trug, wie es noch jetzt in jenen Gegenden Sitte, wodurch man Einwirkungen böser Geister abzuhalten glaubt. Nun überzogen im folgenden Sommer ganze Heeresschwärme von schädlichen Insekten, welche die Felder verwüsteten, die Umgebung von Bühl, und was sie noch verschont hatten, das vernichtete vollends der Hagel. Dies brachte den Burgvogt auf den höllischen Gedanken, die arme Gertrud als Hexe anzuklagen, durch deren Künste die Insekten und der Hagel herbeigezaubert worden seyen, indem sie eine gewiße Flüssigkeit über die Felder ausgegossen und dabei magische Sprüche hergesagt habe; letztere waren aber nur einige Vaterunser gewesen, die sie damals zu ihrem frommgläubigen Werke gebetet.

Keine Anklage fand in jener Zeit leichteren und allgemeineren Glauben, als die auf ein Bündniß mit den bösen Geistern lautete. Gertrud wurde sogleich als Hexe eingezogen und, um ein Geständniß des ihr zur Last gelegten Verbrechens zu erpressen, erkannte der Richter auf Tortur. Gertrud fühlte, sie würde die Schmerzen der Folter nicht überstehen können, und bat um einen Beichtvater. Dies Gesuch durfte man ihr nicht abschlagen, und der Pfarrer wurde ihr zugesandt. Dieser war ein frommer Mann, in dessen Herzen die Sprache der Unschuld und Wahrheit immer offenen Eingang fand und welcher keine Menschenfurcht kannte. Er überzeugte sich auch alsbald von der Unschuld der Jungfrau, nachdem er ihre Beichte vernommen, zumal da ihm die Lasterhaftigkeit des Vogtes nicht fremd war. Sein Zuspruch erweckte in Gertrudens Herzen einiges Vertrauen. „Es lebt ein Gott, welcher die Unschuld beschützt;“ – sprach er, ihr die Hand zum Segen auflegend, – „verlaß dich auf Ihn!“ – Mit hoher Zuversicht erfüllt betrat nun die Jungfrau die Folterkammer; kaum fiel aber ihr Blick auf die Marterinstrumente, als plötzlich alle mit Gerassel zersprangen. Selbst des Henkers Gesicht überflog Todtenblässe, und nur der anwesende Schloßvogt verlor die Fassung nicht, sondern rief: „Da seht die schlimme Zauberin! Ist das nicht abermals ein Werk der Teufels? Was braucht ihr denn jetzt noch mehr Beweise? Verdammt die Hexe nur ohne Weiteres zum Scheiterhaufen!“ – Dies geschah nun ohne Widerrede.

Der verhängnißvolle Tag brach an; der Scheiterhaufen war

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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band . Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 136. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_136.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)