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Nixe verschont, weil sich eine Geschichte mit ihr zugetragen hat, seit welcher sie die Kinder in Ruhe läßt.

Eine Köhlersfrau hatte ein kleines Knäblein in der Wiege daheim, und war in den Wald gegangen, um Heidelbeeren für ihren Mann zu sammeln. Als sie wieder nach Hause kam, hörte sie schon von Weitem ihr Kind entsetzlich schreien und fand statt ihres Söhnleins einen greulichen Wechselbalg in der Wiege; der hatte einen Kopf wie ein Sester, Augen wie ein Kalb, war aber sonst am ganzen Leibe mager und fahl, wälzte sich in seinem Kothe und krächzte wie ein Rabe. Die Mutter brach in lautes Jammern aus und bat ihren bald darauf heimkehrenden Mann, den Unhold mit Ruthen zu hauen. Das that er denn auch, während sein Weib vor dem Hause ihr Gebet verrichtete. Da hörte sie auf einmal ihr Söhnlein am See weinen, denn ihre Hütte stand nahe daran; sie sprang hin, fand wirklich ihr rechtes Kind am Ufer liegen und trug es freudenvoll heim. Ihr Mann schleppte darauf den tüchtig durchgepeitschten Wechselbalg an dieselbe Stelle, wo sein Kind am See gelegen hatte. Als die Nixe dies gewahrte, fuhr sie auf den Wechselbalg los, zerriß und fraß ihn, und verschwand. Der See fing aber schrecklich an zu brausen und zu toben und man glaubt, die Nixe habe sich mit diesem Fraße den Magen so sehr überladen, daß er, geborsten, woher es auch komme, daß die Kinder jetzt vor ihr Ruhe haben.

(Aus den in Mone’s „Anzeiger“ (1834) auszugsweise mitgetheilten Sagen des Oberst Medicus.)


Anmerkungen zu den Mummelsee-Sagen.

Unfern der Kuppe der Hornisgrinde[1], an deren südöstlichem Abhange, ungefähr zwei Stunden von der Herrenwiese, liegt der Mummelsee, auch Wundersee (lacus mirabilis) genannt. Desselben erwähnen schon einige unserer älteren Schriftsteller, u. A. Caspar Schott in seiner „Physica curiosa,“ lib. pag. 123. Mancherlei von seinen Wundern erzählt auch Greifenson (Schleifheim) in seinem Kriegsbildervollen Roman: „Der abenteuerliche Simplicissimus.“ (5. Bändch. 10. Kap.) etc.


  1. Grinde heißen in dieser Gegend die hohen, kahlen, gleichsam verlornen und heimathlosen Berggipfel. Diese Kuppe wird auch der Katzenkopf, der Bierfürstenstein oder Grenzstein genannt, weil hier ehemals die Grenzen von Oesterreich, Baden, Würtemberg und dem Bisthum Straßburg zusammentrafen. Die Hornisgrinde ragt 3627 Fuß hoch, einer riesigen Vorwacht gleich, in das Rheinthal hinein. (Siehe F. v. Fahnenberg’s „die Heilquellen am Kniebis.“ Karlsruhe, 1838.)
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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 130. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_130.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)