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Wege zum Teiche, sah, daß sie etwas in einem Sacke trug und fragte nach seinem Inhalt. „Eine Brut Hündlein, die ich ertränken soll!“ lautete die Antwort. Verdacht schöpfend gebot er ihr, den Sack aufzubinden, sah die neugebornen Kindlein darin und vernahm mit Entsetzen das Geständniß der beabsichtigten Missethat. Er gab hierauf treuen Leuten die Kinder zum Erziehen, und veranstaltete nach sieben Jahren ein Festmahl auf seiner Burg. Da wurde gespielt, gescherzt und mancherlei erzählt. Unter Anderen fragte der Ritter, welche Strafe wohl einer Frau gebühre, welche ihre Kinder aus der Welt geschafft habe. Rasch erwiederte die Schuldbewußte: „Eine solche Rabenmutter verdient bei einem Laib Brod und einem Krug Wasser lebendig eingemauert zu werden!“ Somit hatte sie sich selbst ihr Urtheil gesprochen. Die todtgeglaubten sechs Knaben wurden herein gerufen, die Strafe gerecht befunden, und die Edelfrau lebendig eingemauert. Soweit die Sage.[1] – Noch zeigt man im hintersten Gottschlägthale hinter dem Wasserfalle in der Felswand eine Nische, welche das Volk „Edelfrauenloch“ nennt. Auch der Dickenteich, worin die Kinder ertränkt werden sollten, wird noch gezeigt. Der Sage mag eine historische Wahrheit zu Grunde liegen, und noch lebt eine Familie „Hund,“ welche von jenem Geschlechte, das von diesem Vorfalle gleichen Namen führte, abstammen soll, in selbiger Gegend.

(Vergl. „Universal-Lexikon von Baden.“ S. 161.)

Krieg von Hochfelden in seiner „Geschichte der Grafen von Eberstein etc.“ S. 8, erzählt eine ähnliche Sage: „Irmentraut, die Gemahlin Isenbart’s, Herrn zu Altdorf, eines Zeitgenossen Karl’s des Großen, gebar, von einem armen Weibe verwünscht, zwölf Knaben auf einmal. Den Zorn des abwesenden Gatten befürchtend, gab sie elf derselben einer alten Dienerin, sie zu ertränken. Dieser begegnete Isenbart. Auf die Frage, was sie da trage, erwiederte sie: „Junge Hunde (Welfen), um sie ins Wasser zu werfen.“ Isenbart deckte den Korb auf, erfuhr das beabsichtigte Verbrechen, ließ die Kinder insgeheim erziehen, führte sie nach sechs Jahren ihrer erschrockenen Mutter vor und verzieh ihr großmüthig. Von den zwölf Knaben ward einer Bischof, von den übrigen leiten die Welfen von Altdorf, die Herzoge von Franken, die Grafen von Hohenzollern, von Heiligenberg, jene von Tockenburg, die Gebharde, Herzoge von Alemannien, die Grafen von Eberstein, deren erster Eberhard geheißen habe, die Grafen von Oettingen, die Grafen zu Wölpe, so wie jene von Calw und von Katzenellenbogen, ihren Ursprung ab.


  1. Obige dichterische Bearbeitung weicht in einigen Nebenumständen ab.
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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band . Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 76. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_076.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)