Seite:Badisches Sagenbuch II 068.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
45
Und im Gipfel alter Bäume

Flüstert leise
Noch die Weise
Ihres Liebs und ihrer Träume.

Friedrich Ernst.


Die Helden vom Kappeler Thal.

An herrlichen Weinbergen vorüber, durch Gärten voll üppiger Obstbäume und ganze Wälder von Kastanien, auf einem Teppich frischgrüner Wiesen zwischen einer Menge von Bächen und Quellen dahin, welche nach und nach die oft sehr wilde Acher bilden, zieht sich der Weg durch dieses Thal, welches in einer Strecke von wenigen Stunden eine Fülle der herrlichsten Scenen entfaltet und an romantischer Pracht mit manchen der bekanntesten Schweizerthäler wetteifern dürfte. Kappel unter Rotteck, ein wohlhabender Flecken, liegt dicht am Fuße des Berges, auf welchem die Trümmer des alten Schloßes Rotteck liegen, von dem wir oben die Sage vom tapfern Burggeiste mittheilten. Von hier aus zog einst manch tapferer Ritter gegen die Wälschen und Sarazenen, aber die Wiege der Helden ist längst in Schutt zerfallen. Das zum Flecken gehörige Thal ist ziemlich schmal und in seinem obersten Theile schon bedeutend rauh, wird aber von einem kräftigen, kernteutschen Menschenschlage bewohnt. Das haben im Jahr 1796 die Franzosen derb genug empfinden müßen. Denn hier fanden sie ein kleines Tyrol. Auch hier gibt es nämlich Scharfschützen, so gut wie dort. Mehremale versuchten die feindlichen Truppen hier einzudringen, wurden aber allemal, mit einem Verluste von Kanonen und Fahnen, blutig zurückgeworfen. Die Kappeler behaupten, eine weiße Frauengestalt sey ihren Schaaren vorangeschwebt und habe sie wunderbarlich geschützt vor dem Feuer der Franzosen. Ob’s ein Fräulein aus dem benachbarten Mummelsee gewesen, oder eine selige Rittersfrau von einer der alten Burgen dieses Thales, oder gar eine demselben besonders gnädige Heilige, darüber sind die Meinungen verschieden. – Uebrigens nahmen die Weiber dieses Thales, nach echt altteutscher Weise, selber den thätigsten Antheil an den Kämpfen und Gefahren ihrer

Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band . Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 68. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_068.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)