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Doch kaum hat seines Hufes Schlag

Den lockern Grund getroffen,
Da sprudelt ein klarer Quell zu Tag,
Da hat er sich satt gesoffen.
Und weiter schleppt er seinen Sack,

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Bis an des Felsens Schiefe

Er jählings seinen schweren Pack
Wegschleudert in die Tiefe.
„Freund Langohr, klug ist dein Entscheid!
hier unten will ich bauen;

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In wilder Bergeseinsamkeit

Soll man das Kloster schauen.“ –
Und so nach Eselsrath ward dort
Sogleich auf der Frau Uta Wort
Der Klosterbau begonnen

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Und rasch vollführt; nah diesem Ort

Fließt noch der Eselsbronnen.

Zuletzt noch eine gute Lehr’
Für Alle, so dies lesen:
Des Esels Rath frommt öfters mehr

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Denn hochgelahrtes Wesen.
Eduard Brauer.

*) Die fromme Frau Uta, Tochter eines Grafen von Calw, und die Gemahlin eines Herzogs aus dem Geschlecht der Welfen, bewohnte die Schauenburg, deren Trümmer von einem holten Felsenblocke auf einem Berge nahe beim Städtchen Oberkirch heruntersehen. Die Schauenburg hat ihren Namen nicht umsonst; denn von hier aus genießt man einer wundervollen Fernsicht ins Rheinthal und die Gebirge. Daß sie diesen Namen deßhalb erhalten, weil die Straßburger sie einst vergeblich belagerten und beim Abzuge sich selbst zum Hohne gesagt hätten: „Wir schauen an die Burg!“ ist wohl nur aus der Luft gegriffen.


Allerheiligen’s Ende.[1]

Adels-Preis und Herrlichkeit,
Priestermacht und Glanz verbleichen,
Denn im West mit blutgen Zeichen
Steige empor die neue Zeit.


  1. [46] Dieses Gedicht bildet das Gegenstück zu dem vorstehenden. Nicht minder außergewöhnlich und bemerkenswerth als dessen Gründung (nach der in der Klosterchronik aufbewahrten Sage) war auch das Ende des Klosters. Im Jahr 1803, als kaum die Mönche das Kloster verlassen hatten, und man darüber sich berathschlagte, zu welchem Zwecke das Gebäude [47] nun verwendet werden sollte, (als Correctionshaus, Spinnerei, Kaserne etc. etc.) ward es vom Blitze getroffen und brannte gänzlich nieder. Nur die Kirche blieb stehen. (Vergl. Kolbs Lexikon und das Universallexikon von Baden.)
Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band . Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 45. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_045.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)