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Und mit Grund verschare, mit rothe Nägle verchratze,

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Sieht’s mi Aug’, wenn’s wetterleicht; sie wimmsle gar sölli.

Und wo heiligi Engel mit schöne blauen Auge
In der tiefe Nacht in stille Dörfere wandle,
An de Fenstere lose und, höre sie liebligi Rede,
Gegen enander lächlen und an der Huusthüre sitze,

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Und die frumme Lüt im Schlof vor Schade biwahre,

Oder wenn sie, selbander und dritt, uf Gräbere wandle,
Und enander sage: „Do schloft e treui Muetter,
Do en arme Ma, doch hett er Niemes betroge.
Schlofet sanft und wohl, mer wennich wecke, wenn’s Zit isch!“

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Sieht’s mi Aug’ im Sterneliecht und höri sie rede.

Menge chenni mit Name und wemmer enander bigegne,
Biete mer is d’Zit und wechsle Reden und Antwort:
„Grüeß di Gott! Hesch gueti Wacht?“ – „Gott dank der! so ziemli.“ –
Glaubet’s oder nit! Ne mol, se schickt mi der Vetter

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Todtnau zue, mit allerhand verdrießliche G’schäfte. –

Wo mer’s Kaffi trinken und Ankeweckli drin tunke:
„Halt’ Er si nienen uf und schwetz’ Er nit, was em in’s Muul chunnt,“ –
Rueft mer der Vetter no – „und loß Er sie Tabatiere
Nit im Wirthshuus liege, wie’s sust bim Here der Bruuch isch.“ –

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Uf und furt, i gang, und was mi der Vetter ermahnt het,

Hani richtig versorgt. Jez sitzi z’Todtnau im Adler –
Und jez gang i spaziere und mein’, i chönn nit verirre,
Mein, i seig am Dorf; z’letzt chresmi hinten am Feldberg;
D’Vögel henn mit g’lockt und an de Bächlene d’Blüemli.

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Selle Fehler hani, i cha mi an Allem verthörle. –

Drüber wird es chüel und d’Vögel sitze und schwige.
’s streckt scho dört und do e Stern am düstere Himmel
’s Chöpfli usen und luegt, öb d’Sunn echt aben in’s Bett seig,
Oeb er echt dörf cho, und rüeft den Andere: „Chömmet!“

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Und i ha kei Hoffnig meh. Druf legi mi nieder.

’s isch e Hütte dört und isch en Aerpfeli Strau drinn.
„O du liebe Zit,“ – so denki, – „wenn i deheim wär’!
Oder es wär’ scho Mitternacht! Es wird doch e G’spenstli
Näume dohinte si und z’Nacht um Zwölfi verwache,

Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagenbuch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 429. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_429.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)