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hinausdrückte und ihn Hanmann Schlupf vollends hinabstieß. Alle hatten Hand an ihn gelegt, nur Künin Henseler nicht, der Haupturheber seines Todes.

Am achten Tage, seit sie die Burg verlassen hatte, bekam endlich die Frau Nachricht von dem, was mit ihrem Manne zu Falkenstein vorgegangen war. „Da ging sie,“ fahren die Verhöracten fort, „mit ihrem kranken Leibe von Freiburg wieder gen Falkenstein unter die Burg an die Halde und suchte da ihren Mann, und fand ihn auch zerschmettert und modernd, und zog ihn herab an den Weg, und schuf, daß er ward begraben im Falkensteinerthal zu St. Oswalds Kirchen.“

Wohl mag noch jetzt kaum ein Herz ohne Rührung, kaum ein Aug’ ohne Thräne des Mitleids bleiben, wenn diese Ereignisse längst verschwundener Tage an ihm vorüberziehen; diese Gräuel, diese Unmenschlichkeit auf der einen, diese zärtliche, ehliche, väterliche und mütterliche Liebe auf der andern Seite; diese heilige Sorgfalt, die des Kindes in der schweren Todesstunde nicht vergißt und sein Wohl sogar dem eingebildeten Heil der eigenen Seele voranstellt; diese unverbrüchliche Treue, die der Erschöpfung und Kraftlosigkeit des eigenen Körpers nicht achtet, den zerschmetterten, modernden Gatten in ihren Schooß nimmt und ihm den einzigen Dienst erweist, den sie ihm noch erweisen kann: ihm ein Grab an geweihter Stätte zu bereiten.

Ergreifen solche Ereignisse noch jetzt nach mehr als vierhundert Jahren mit fortreißender Gewalt jede fühlende Seele, um wie viel mächtiger, ja wie unwiderstehlich muß nicht damals ihr Eindruck gewesen seyn, als sie so eben vor sich gingen und die neue Kunde lebendig von Mund zu Mund erscholl; als noch bei den frischen Gräbern des Vaters und Kindes sich die Haufen des tief empörten Volkes versammelten, und Frau und Mutter, in ihren Schmerz zerflossen, unter sie und vor den Rath und die Gemeinde zu Freiburg trat, um sie zur gerechtesten Rache aufzurufen.

Freiburg zögerte nicht. Sogleich wurden von allen Seiten her Erkundigungen über die Burg Falkenstein eingezogen, die Beraubten mündlich und schriftlich vernommen, und schon unterm 15. Jänner des folgenden Jahres (1390) ging ein eigener

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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagenbuch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 421. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_421.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)