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festlichen Mahle und läßt, der Braut seinen Becher zubringend, die zurückbehaltene Hälfte des Ringes in denselben fallen. Sie bemerkt es mit freudigem Erstaunen, wirft auch ihre Hälfte in die goldene Schaale und der Ring vereinigt sich wieder zum ungetrennten Ganzen. Jetzt wird Kuno erkannt, und tritt wieder als Herr und Gemahl in die ihm gebührenden Rechte ein. Auch ist von nun an seine Ehe gesegnet; durch Jahrhunderte erblüht ihm eine zahlreiche Nachkommenschaft, die mit dankbarer Anerkennung ihres Ahnherrn Retter, den Falken mit geschwungenen Flügeln, in ihrem Wappen führt.[1]

So Lieblichschauerliches weiß die Sage vom Gründer der Burg Falkenstein dem gutwillig zuhörenden Wanderer da und dort in einer der einsamen Hütten mitzutheilen: fragt er aber nach den spätern Bewohnern des Schlosses und nach den Ursachen seiner Zerstörung, so zieht sie sich verstummend zurück und weiset den Fragenden in diesem späteren Gebiete an ihre jüngere Schwester, die Geschichte, die so gerne sinnend und forschend an ihrer Seite geht, und nun auch, wenn gleich in einfacherem und ernsterem Tone, dafür aber um so bestimmter und sicherer, das Wort übernimmt.

In den achtziger Jahren des 14. Jahrhunderts hatten an der Burg Falkenstein mehrere Familienglieder Antheil, von denen sich nur Thoman von Falkenstein, eines Edelknechtes Sohn, zu Freiburg, wo er Bürger war, niedergelassen zu haben scheint. Die Uebrigen, Ritter Hans und Künlin, Herrn Künlins seligen[2] Sohn, nebst seinen drei Söhnen, dem Ritter Dietrich und den Edelknechten Werner und Klein-Künlin, hatten auf der Burg selbst ihre Häuser und Knechte.

Hier war schon seit Jahren die schöne Zeit ritterlicher Tugenden vorüber, und man benutzte ungescheut die allgemeine Gesetzlosigkeit des unter Wenzeslaus der größten Verwirrung preisgegebenen Reiches, um Vorüberziehende jeder Art anzufallen


  1. Freier erzählt und mit einigen Zusätzen bereichert, findet sich diese Sage bereits in Jakobis „Iris,“ Jahrgang 1805 Seite 210 u. ff. Hermann v. Rotteck, wie auch der Herausgeber, haben sie metrisch behandelt.
  2. Zuverläßig ist dieser Herr Kunlin selig derselbe, dessen abgehobener Grabstein noch in der rechten Seitenwand der Kirche zu Kirchzarten eingemauert zu sehen ist. Der Ritter ist auf demselben in voller Rüstung mit gefalteten Händen abgebildet, seine Füße ruhen auf einem Löwen. Die Rundschrift lautet: „Anno Domini MCCCXLIII. IV. Idus Maji obiit Dominus Cuno de Valkenstein Miles.“
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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagenbuch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 413. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_413.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)