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Felsenwand, in welche die Straße gebrochen ist, vollkommen überschauen. Sie steigt anfänglich breiter, dann schmaler längs des ganzen Bergrückens terrassenförmig hinauf, bis sie endlich zu oberst die schwindelndste Höhe erreicht. Ueberall steil und unbekleidet, hat sie den Abgrund neben sich; und selbst gegen oben, wo eine andere Felsenwand sich an sie anschließen will, steht sie frei und unberührt, hier nicht von der Natur, sondern von Menschenhänden durchbrochen. Jetzt bemerkt der Wanderer auch da und dort über sie aufregendes, aber mit ihr gleichförmiges und ganz in sie verwachsenes Gemäuer, dem er es ansieht, wie sich der glühendste Haß vergeblich bemüht haben mag, es zu überwältigen. Hier stand nun die Burg Falkenstein über den Abgründen der Höllenschlucht, selbst die Wächterin und Beherrscherin derselben. Fast auf jedem Punkte durch die Natur unzugänglich gemacht, wurde sie noch überdies auf der Nordostseite, wo sie ihren Eingang gehabt zu haben scheint, durch eine weithin laufende, zwölf Fuß dicke Mauer, die schon für sich ein Riesenwerk ausmacht, vertheidigt. Sie hatte auf ihren verschiedenen Abstufungen mehrere zum Theil beträchtliche Gebäude, von denen aber jetzt kaum mehr die Grundmauern zu erkennen sind. Die Aussicht war sehr beschränkt; vor- und rückwerts durch das Gebirg gehindert, thalaufwerts umfaßte sie eine Strecke der Höllenschlucht, thalabwerts fielen der Wartthurm, von welchem schon die Rede war, und die zunächst liegenden Hütten in die Augen der Bewohner. Jetzt stehen die Trümmer sehr öde und schauererregend, der gemeine Mann kennt sie nur unter dem Namen des alten Raubschlosses.

Wie fast um jedes merkwürdigere Denkmal der Vorzeit hat die Sage auch um dieses ihr zauberhaftes Gewebe verbreitet. Hier hat sie den Erbauer der Burg selbst, den sie Kuno von Falkenstein nennt und mit allen ritterlichen Tugenden ausschmückt, zu ihrem Helden und Liebling gewählt.

Nur Eines, erzählt sie mit zuversichtlicher Gutmüthigkeit, fehlte zu seiner Beglückung: eine Nachkommenschaft, auf die er Namen und Thaten und Güter hätte übertragen können. Darob ging er tagelang in düstere Gedanken versunken umher, und begegnete nicht selten dem verkappten bösen Feinde, der des Ritters trübe Gemüthsstimmung zu benützen und ihn um das Heil

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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagenbuch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 411. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_411.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)